Die längste Etappe der regionalen E-Biketour führt durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald. Das erfordert mehr als nur elektrische Tritthilfe.

Stuttgart - Volker Torlach weiß, was ihn erwartet. „Das wird jetzt richtig heftig“, sagt der gut trainierte Radexperte des VVS, der die Strecken rund um Stuttgart aus eigener Erfahrung wie kaum ein Zweiter kennt und seit Jahren die Tour de Region ausarbeitet. Auf dem Weg von Spiegelberg zum Juxkopf schwächelt die Batterie seines Pedelecs – und so muss Torlach den steilen Anstieg allein mit Muskelkraft und ohne elektrische Hilfe bewältigen. Die E-Bikes der Regionaldirektorin Nicola Schelling und des VVS-Geschäftsführers Horst Stammler haben noch reichlich Saft – heftig tretend, aber im höchsten Modus kräftig beschleunigt, rollen sie den Feldweg hinauf, während Torlach auf dem letzten Ritzel hinterherhechelt. Also Achtung: wer diesen Abschnitt ohne E-Bike fahren will, muss sportliche Ambitionen haben – oder gar keine und sein Rad einfach schieben. Als Transportmöglichkeiten für Gelegenheitsradler durch dieses Land der Römer und Räuber bieten sich teilweise auch die Freizeitlinien Räuber- und Limesbus an.

 

Nicht nur an dieser Stelle in Spiegelberg wird deutlich: diese Strecke ist eine Herausforderung. Mit fast 55 Kilometern, für die wir mit Pausen rund fünf Stunden brauchen, ist sie die längste der E-Bike-Tour de Region. Elf Kilometer geht es bergauf, doch einige Abfahrten fordern den Radler, der auf der Berg-und-Tal-Fahrt ein reizvolles Stück Natur und Landschaft am Rande des Rems-Murr-Kreises mit dichten Wäldern und saftigen Wiesen, winzigen Gehöften und einsamen Wegen erlebt. Der Weg in die Idylle beginnt am wenig idyllischen Stuttgarter Hauptbahnhof, der Regionalzug ist in gut 40 Minuten in Murrhardt, wo der Schaffner uns mit einem „Türen zu“ in Kasernenhoflautstärke auf dem Bahnsteig verabschiedet.

In der ehemaligen Klosterstadt gibt es das Carl-Schweizer-Museum und das Naturparkzentrum Schwäbisch-Fränkischer Wald, wo die Theorie über Geologie, Flora und Fauna vermittelt wird, die die Radler nun praktisch erkunden. Hinter Siegelsberg geht es erstmals merklich bergauf. Kleine Steigungen und kurze Abfahrten bleiben auf der welligen Tour unsere ständigen Begleiter wie auch die Zeugnisse römischer Kultur, deren größtes der 14 Meter hohe Römerturm auf dem Heidebuckel bei Grab ist. Wenig später erreichen wir bei Hohenbrach, nomen est omen, wie die Römer sagen würden, den mit 571 Metern höchsten Punkt der Etappe. Wir rollen hinunter nach Großerlach, wo uns vor dem Ort ein Kneippbecken (Kühlung!) und ein alter Silberstollen erwarten. Schon die Ortsnamen versprechen Idylle pur: Taubenhof und Marbächle liegen hinter uns, Neufürstenhütte und Vorderbüchelberg vor uns. Von der Hochebene geht es dort auf einer bestens asphaltierten Kreisstraße hinunter nach Spiegelberg, wobei die Regionaldirektorin, die eigentlich als Zweirad eine Harley Davidson bevorzugt, ihre Tempohärte nachdrücklich unter Beweis stellt: Erst von Tempo 50 an macht die Abfahrt richtig Spaß.