Die Serie „Tour de Region“ führt in diesem Jahr auf Wege, bei denen Besinnung und Glaube eine Rolle spielen. Die erste der insgesamt zehn Folgen erscheint am Dienstag.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Serie - Wer schon einmal das Kloster Bebenhausen besucht hat, weiß von einem besonderen Ort zu erzählen. Seit seiner Gründung Ende des 12. Jahrhunderts haben dort zunächst Zisterziensermönche und später evangelische Klosterschüler innere Einkehr geübt. Von 1946 bis 1952 wurde hinter den dicken Mauern sogar große Politik gemacht, als der Landtag von Württemberg-Hohenzollern vor den Toren Tübingens residierte. Und bis heute umweht die Besucher des landeseigenen Monuments, die zwischen dem Kreuzgang und der spätromantischen Kirche mit wunderbaren Deckengewölben wandeln, ein ganz besonderer Geist.

 

Das Kloster in Bebenhausen ist eine der Stationen, an denen die „Tour de Region“ entlangführt, die der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) und unsere Zeitung auch in diesem Jahr wieder gemeinsam ausgearbeitet haben. Die insgesamt zehn Etappen quer durch den Ballungsraum Stuttgart samt angrenzender Gebiete stehen diesmal aus gegebenem Anlass unter dem Motto „Glaubenswege/Sinneswege“. Schließlich gastiert in der kommenden Woche der hochkarätigst besetzte evangelische Kirchentag in der Landeshauptstadt und in Fellbach – und das war dem VVS und der StZ ein Grund, bei der „Tour de Region“ 2015 diesen Aspekt in den Mittelpunkt des Programms zu stellen.

Kontemplative Momente beim Radeln und Wandern

Dies hat sich auch insofern angeboten, als sich beim Radeln und Wandern per se kontemplative Momente ergeben. Wer auf dem Sattel sitzt und sich körperlich anstrengt, kann wunderbar bei sich sein – ganz wörtlich im Schweiße des eigenen Angesichts. Und die Gegend zu Fuß zu erkunden heißt nicht selten, mit den Wanderfreunden gute, mal lustige, mal tiefgründige Gespräche zu führen oder auch nur eigenen Gedanken nachzuhängen, sich auf die Natur zu besinnen, zu riechen, zu hören.

Den Fragen des Lebens nachzuspüren, den Alltag für eine Zeit lang hinter sich zu lassen und zu sich zu finden – dieser Grundidee folgen auch Pilgerstrecken wie der Jakobsweg oder der Martinusweg, die in Abschnitten auch durch die Gegend am Mittleren Neckar verlaufen – und in die „Tour de Region“ eingebaut worden sind. Die gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund als Erkennungszeichen prangt etwa auf Schildern zwischen Endersbach im Rems-Murr-Kreis und Esslingen und weist den Weg nach dem viele hunderte Kilometer entfernten angeblichen Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela im spanischen Galizien. Da passt es so recht, dass das Teilstück durch das Remstal unter anderem an der St.-Veit-Kirche im Kernener Stadtteil Stetten vorbeiführt – mit einem 1828 im Campanilestil erbauten Turm.

Auf den Touren gibt es Sakralbauten aber auch viel Natur

Doch nicht nur sakrale Bauten – Klöster wie jenes in Lorch oder Kirchen wie das prächtige Gotteshaus in Herrenberg – säumen die Wege der diesjährigen „Tour de Region“. Auch andere Orte laden zum Verweilen ein, zum Rasten, Ruhen und Sinnieren. Eine Etappe beispielsweise – die Nummer zwei, die auf dem Körschtal-Radweg von Oberaichen nach Esslingen führt – streift den Botanischen Garten in Hohenheim, eine wunderbare Parklandschaft mit mehr als 200 Jahre alten teils exotischen Bäumen und Pflanzen. Herzog Carl Eugen und Franziska von Hohenheim haben die Anlage einst schaffen lassen, die eine Naturerkundung der besonderen Art erlaubt.

Ein ganz anderes sinnliches Erlebnis bietet sich bei der E-Bike-Tour von Bietigheim im Kreis Ludwigsburg gen Waiblingen. Unter anderem führt diese Etappe vorbei am Besinnungsweg in Bittenfeld, der mit seinen zwölf einzelnen Orten eine jahrhundertealte Tradition aufgreift: Er verbindet Kunst und Religion und Ethik auf eine beeindruckende Weise und spielt mit transzendenten Erfahrungen. Unter anderem findet sich beim Alten Friedhof ein Labyrinth, das als Symbol für menschliche Entwicklungsprozesse, für innere und äußere Wandlungen gilt. An einer anderen Stelle, wo Reste der Außenmauer der Liebfrauenkapelle in den Himmel ragen, wird zum Nachdenken über die Vergänglichkeit angeregt. Auch Stille, Grenzen, Tanz, und Geborgenheit – symbolisiert durch einen Weidenpavillon – spielen eine Rolle.

Doch allzu gedankenschwer soll die „Tour de Region“ auch in diesem Jahr nicht sein: Der Spaß darf beim Radfahren und Wandern nicht zu kurz kommen, und an vielen der ausgewählten Strecken bietet sich auch eine gute Gelegenheit zu einer Einkehr konkreter Art – in Biergärten und Wirtshäusern mit kulinarischen Genüsse. Auf jeden Fall sichergestellt ist, dass die Ausgangspunkte der einzelnen Etappen, wie in den vergangenen Jahren, mit Bus und Bahn gut zu erreichen sind – und nach dem Ende die Heimkehr wiederum mit dem öffentlichen Nahverkehr gesichert ist.