Die Zahl der Übernachtungen ist erneut gestiegen. Nun sollen aber noch mehr Gäste kommen – die Stadt will ein Strategie- und Tourismuskonzept erarbeiten.

Sindelfingen - Die Daimler-Stadt geht in die Offensive. Landauf landab sind in zahlreichen Kommunen die Übernachtungszahlen gestiegen – auch in Sindelfingen. Dennoch will man es damit nicht genug sein lassen. „Unseren Bürgern ist es wichtig, in einer Stadt zu leben, die auch für Menschen von außerhalb attraktiv ist und einen positiven Ruf in der Region hat“, sagt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer. Dies habe er dem Beteiligungsprozess „Sindelfingen 2025 – Stadtentwicklung im Dialog“ entnommen. Ziel sei es, das reichhaltige Kultur- und Freizeitangebots noch deutlicher zu machen und so noch mehr Gäste davon zu überzeugen, dass Sindelfingen ein attraktiver Ort für einen Tagesausflug oder einen Kurztrip ist. Der Gemeinderat befürwortete in der jüngsten Sitzung, ein Strategie- und Tourismuskonzept zu entwickeln.

 

Konzeption für 105 000 Euro

Das Gremium stimmte einhellig zu, damit das Büro Gruppe Drei in Villingen-Schwenningen zu beauftragen. Als Honorar erhalten die Marketing- und Tourismusexperten 105 000 Euro. „Wir wollen, dass unsere Stadt auch über die Region hinaus wahrgenommen wird“, erklärt Sascha Dorday, der Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderung. Er und sein Team leiten die konzeptionelle und organisatorische Abwicklung der Projekte. Dazu zählen eine Wettbewerbs- und Imageanalyse, die Festlegung eines Markenkerns und eines Maßnahmenplans. Zudem soll das touristische Angebot analysiert und relevante Zielgruppen bestimmt werden.

Miteinbezogen werden sollen Projektgruppen mit Experten aus sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen, die in Workshops das weitere Vorgehen diskutieren und letztlich mithelfen das Konzept fertigzustellen. „Analog der Erfahrungen anderer Kommunen, die Ähnliches unternommen haben, gehen wir davon aus, dass wir zwei Jahre dazu benötigen“, sagt Dorday.

470 000 Übernachtungen im vergangenen Jahr

Er und die Rathausspitze können die Arbeit aber gelassen in Angriff nehmen angesichts der vom Statistischen Landesamt erhobenen Zahlen. 2014 meldeten die Sindelfinger Hotels und Pensionen 446 000 Übernachtungen, zwei Jahre später verbuchten sie 470 000.

Sindelfingen hat bisher schon punkten können. Mit Sehenswürdigkeiten wie der Martinskirche mit der dreischiffigen romanischen Basilika, die im Jahr 1083 geweiht wurde, dem Chorherrenstift und der Altstadt mit prächtigen Fachwerkhäusern. Veranstaltungen wie Sindelfingen rockt und das Internationale Straßenfest locken zudem Gäste in die Stadt, die sich auch als Sportmekka etabliert hat mit dem Glaspalast und den Events des VfL Sindelfingen. Und nicht zuletzt das Badezentrum wird von Besuchern aus dem Umland genutzt.

Besuchermagnet Sensapolis

Bereits seit 1953 bietet das Daimler-Werk Sindelfingen jedem die Möglichkeit, seinen neuen Mercedes-Benz abzuholen. Als erster Automobilhersteller weltweit richtete Daimler im Jahr 1981 ein Kundencenter ein. Zahlreiche Kunden nehmen die Gelegenheit wahr, die Produktionsstätte kennenzulernen – viele übernachten in der Stadt. Regelmäßig gibt es Werksbesichtigungen und Besuchertage, bei den denen die Gäste in die Werkshallen geführt werden und dort zum Beispiel die robotergesteuerte Fertigung bestaunen.

Neben dem Indoor-Freizeitpark Sensapolis auf dem Flugfeld ist Daimler der größte Besuchermagnet. Rund 250 000 Gäste tummeln sich jährlich im Märchenschloss, im Raumschiff sowie in der Kletter- und Rutschen-Landschaft. Der Automobilhersteller kommt auf nicht ganz so viele Besucher, schätzungsweise auf etwa die Hälfte. Montags bis freitags werden im Kundencenter im Schnitt mehr als 200 Fahrzeuge pro Tag an ihre neuen Besitzer übergeben. „Im vergangenen Jahr verzeichneten wir 52 000 Abholungen“, sagt Charlotte Siegel, die Pressesprecherin für den Daimler-Vertrieb in Deutschland. „Oft kommen die Kunden mit mehreren Personen und haben ihre Familie dabei“, berichtet Siegel.

3000 Werksführungen im Jahr mit rund 70 000 Teilnehmern

Die Kunden kommen aus der ganzen Welt nach Sindelfingen und besichtigen dabei die Produktionsstätten. Im Jahr 2016 gab es im Werk rund 3000 Führungen mit insgesamt rund 70 000 Teilnehmern. Fast die Hälfte von ihnen sei aus dem Ausland angereist, bilanziert Siegel.

Attraktive Ausflugsziele

Böblingen:
Der Besuchermagnet Nummer eins ist die Motorworld auf dem Flugfeld. Nach deren Angaben kommen 600 000 Gäste im Jahr, oft von weit her, von denen viele eine oder mehrere Übernachtungen buchen. Die Nummer zwei ist die Mineraltherme mit weit mehr als 400 000 Gästen jährlich, rund die Hälfte von ihnen kommt nicht aus dem Kreis Böblingen. Auch die kulinarische Sommerveranstaltung Schlemmen am See lockt Besucher aus anderen Regionen an. Das Fleischer- und das Bauernkriegsmuseum sind ebenfalls Attraktionen. Besucher finden digitale Info-Säulen in den Mercaden und am Brauhaus Schönbuchbräu.

Herrenberg:
Die Hauptzielgruppe der Tourismusförderung sind Tagesbesucher. Ihnen soll die Schokoladenseite der Stadt gezeigt werden. Es gibt kostenlose Führungen durch die historische Altstadt mit einem beachtlichen Ensemble von Fachwerkhäusern und enger Gassen. An zahlreichen den Gebäuden sind QR-Codes über deren Geschichte angebracht. Für Gäste gibt es einen Stadterlebnis-Gutschein für 15 Euro beim i-Punkt, Marktplatz 1. Besucht werden kann das Glockenmuseum, zum Essen gibt es in einem ausgewählten Restaurant einen so genannten Herrenberg-Teller mit regionalen Erzeugnissen der Saison. Eine Rad- und Wanderkarte sowie ein Stadtplan sollen weiterhelfen und zu Ausflügen auf eigene Faust animieren (Infos beim Amt für Wirtschaftsförderung und Kultur, Telefon 0 70 32/92 43 20).

Leonberg:
Die Stadt wirbt vor allem mit einem einzigartigen Terrassengarten der Spätrenaissance: dem Pomeranzengarten. Lohnende Ausflugsziele sind auch die Altstadt und der Engelbergturm, eine Attraktion ist das Leo-Bad. Das Stadtmarketing hat primär Tagestouristen im Visier, konkrete Besucherzahlen liegen nicht vor. Näheres erfahren Gäste beim i-Punkt im Rathaus-Neubau.