Zwei Jahre haben Kreispolitiker am Bodensee für die „Echt Bodensee Card“ geworben. Im Januar führen gerade einmal vier Gemeinden das neue System ein.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Bodensee - Am Ende einer langen Werbetournee durch Gemeinderats- und Kreistagssitzungen, Vermieterversammlungen und öffentliche Anhörungen steht die Enttäuschung. Die neue „Echt Bodensee Card“ sollte Schluss machen mit der touristischen Kleinstaaterei am Bodensee. Stattdessen wird der Dschungel örtlicher Einzelvergünstigungen für Touristen künftig noch undurchsichtiger. Lediglich Bodman-Ludwigshafen, Eriskirch, Langenargen und Sipplingen beteiligen sich zum Start des Systems im Januar.

 

„Doch, ich würde sagen, das ist enttäuschend“, sagt Enrico Heß, der Geschäftsführer der im Jahr 2013 gegründeten Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT), die ihren Sitz in Friedrichshafen hat.

Projekt mehrheitlich versenkt

Die neue überregionale Karte sei vor allem ein „Bürokratie-, Datenklau- und Subventionsmonster“, schrieben Hoteliers und Zimmervermieter, angeführt unter anderem von dem Uhldinger Campingplatzbetreiber Manfred Maier, noch Ende Oktober dem Friedrichshafener Landrat Lothar Wölfle (CDU). Zu diesem Zeitpunkt hatten die Gemeinderäte von Wasserburg über Meersburg und Salem bis nach Überlingen die neue Karte bereits mehrheitlich versenkt – sehr zum Missfallen der Kreisverwaltungen von Lindau, Sigmaringen und Bodenseekreis. Die drei Kreise hatten vor drei Jahren die DBT gegründet. Auch die Stadt Stockach sowie die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen halten Geschäftsanteile.

Doch auch Stockach ist nun nicht dabei, ebenso wenig die Stadt Lindau und die Stadt Friedrichshafen. Warum nicht? Der Landrat Wölfle sagt, das lasse sich „nicht in einem Satz zusammenfassen“. Die „elektronische Gästeanmeldung“ sei wohl ein Knackpunkt gewesen. Er fügt hinzu: „Mein Eindruck ist, dass die aktuelle Beliebtheit der Destination Bodensee den Blick etwas dafür trübt, welche Herausforderungen und Veränderungen die Tourismusbranche der Zukunft prägen wird.“

Mit der neuen Bodensee-Karte sollen Urlauber kostenlos mit öffentlichen Bussen fahren und Vergünstigungen beim Besuch von Ausflugszielen bekommen. Die zehn Topziele am Bodensee von der Pfänderbahn über das Zeppelin-Museum bis zum Affenberg in Salem zeigen der neuen Karte jedoch ebenfalls die kalte Schulter.

Bezahlen soll den neuen Service der Gast durch eine Erhöhung der jeweils geltenden kommunalen Kurtaxe in Höhe von einem Euro. Den Vermietern wiederum wird die Einführung eines elektronischen Meldesystems auferlegt. Damit, so ist inoffiziell aus mehreren Gemeindeverwaltungen zu hören, könnte man verhindern, dass die Abgabe unterschlagen werde.

Kritik: Für Bewegungsprofile von Gästen

Die in der Gemeinde Uhldingen organisierte Protestgruppe von Vermietern warnt hingegen, die neue Gästekarte solle eigentlich dazu dienen, Bewegungsprofile von Urlaubern anzulegen. Mit der erhöhten Kurtaxe solle zudem der zuschussbedürftige ÖPNV-Busverkehr in der Bodenseeregion aufgepäppelt werden. Die Verbissenheit, mit der diese Auseinandersetzung geführt wird, zeigen nicht zuletzt kampagnenartige Versuche, den DBT-Geschäftsführer Enrico Heß ob dessen beruflicher Vergangenheit als Radiomoderator in Thüringen als windige Figur hinzustellen. Heß sagt dazu lediglich, solche Methoden hätten ihn „überrascht“.

Weitere Versuche, die Bodensee-Card für Hoteliers und Vermieter doch noch appetitlich zu machen, wird es dennoch nicht geben. „Es gab in den zurückliegenden zwei Jahren unzählige Sitzungen und Informationsveranstaltungen auf allen möglichen Ebenen“, sagt der Landrat Wölfle. „Wer heute sagt, er sei überfahren worden, wollte und will wohl die sich abzeichnende Veränderung am Tourismusmarkt nicht wahrhaben.“ Auch Heß meint, er habe genug geworben. „Am Ende wird es der Gast entscheiden.“ Noch seien zwischen Ostern und Oktober die meisten Zimmer am Bodensee voll. Es komme aber der Tag, da werde sich das Fehlen einer zentralen Gästekarte, wie sie der Schwarzwald oder das Allgäu längst hätten, rächen.