Toyota läutet mit dem Modell Mirai das automobile Wasserstoffzeitalter ein. Im September soll der Verkauf in Deutschland starten. Bisher gibt es hierzulande allerdings nur 16 Aufladestationen.

München - Wasserstoffautos ähneln einer Fata Morgana. Seit Jahren wirken sie zum Greifen nah, doch Starttermine wurden regelmäßig verschoben. Nun macht der japanische Autobauer Toyota Ernst, der schon bei der Hybridtechnik globaler Vorreiter war. „Da steht er“, sagt Toyota-Technikexperte Dirk Breuer lapidar zur Deutschlandpremiere des ersten serienmäßigen Wasserstoffmodells Mirai. Das gedrungene Gefährt, das seine Schöpfer in einer Liga mit der Mercedes E-Klasse oder dem 5er-BMW sehen, wird nicht gerade pompös inszeniert. Es steht abseits im Erdgeschoss eines Münchner Bürogebäudes. Im September soll der Mirai in Deutschland an den Start gehen.

 

Ein Verkaufsstart im herkömmlichen Sinn wird es nicht. Toyota spricht vielmehr von „Leuchtturmprojekten“. Der Mirai, was auf Japanisch Zukunft heißt, soll erst einmal nur ausgewählten Gewerbekunden wie Taxiunternehmern angeboten werden. Private Autofahrer kommen in zwei bis drei Jahren an die Reihe. Das liegt nicht daran, dass Toyota der eigenen Technik misstraut, sondern an den Tankstellen.

Aus 16 Füllstationen sollen bis 2022 insgesamt 400 werden

Derzeit gibt es im Bundesgebiet ganze 16 Wasserstoffstationen. Bis Ende 2015 waren 50 Standorte geplant. „Das klappt nicht“, sagt Werner Diwald von Performing Energy, einem Bündnis aus Wirtschaft und Wissenschaft für erneuerbar erzeugten Windwasserstoff. Maximal 30 Standorte hält Diwald bis Ende des Jahres für realistisch. Der Rest werde 2016 folgen. Damit könne der Mirai in Deutschland dann überall hinfahren. „Routenplanung entlang der Tankstellen vorausgesetzt“, schränkt er ein. Entspannter wird es 2022, wenn es 400 Füllstationen gibt, falls dieser Termin eingehalten wird. Ziel sind 1000 Standorte in Deutschland, deren Aufbau 800 Millionen Euro kosten soll. Zum Vergleich: heute gibt es 14 000 konventionelle Tankstellen.

Man könne den Mirai realistisch nur an Kunden verkaufen, die das bestehende Netz an Wasserstofftankstellen akzeptieren, räumt Toyota ein. Der Pionier aus Japan will auch nicht, dass das Auto in einer Privatgarage verschwindet. Es soll sichtbar sein und für seine Technologie auf der Straße werben. Deutschland ist neben Dänemark und Großbritannien als europäischer Startmarkt ausgewählt worden, weil in den drei Ländern das nötige Tankstellennetz zumindest im Aufbau ist. Anderswo sieht es noch düsterer aus. Demnächst startet der Verkauf in den USA. Am Heimatmarkt Japan gibt es das Gefährt, das in einer Brennstoffzelle mittels Wasserstoff Strom für einen Elektromotor erzeugt, seit vergangenem Dezember. Aber auch dort wird noch nicht an Privatkunden verkauft.

Gefertigt wird der Mirai derzeit praktisch in Handarbeit, drei Fahrzeuge täglich. Toyota will mit der neuen Technologie erst Produktionserfahrung sammeln. Für 2015 ist global ein Miniabsatz von 700 Stück geplant, der 2017 auf 3000 Fahrzeuge steigen soll. Wie es danach weitergeht, ist eher von den Tankstellennetzen abhängig als von der Nachfrage. Die liegt mit aktuell 1500 Bestellungen allein aus Japan doppelt so hoch wie die Produktion.

Der Mirai soll die Erfolgsgeschichte des Prius wiederholen

Am Ende soll eine Erfolgsgeschichte wie beim Hybridauto Toyota Prius stehen. Dessen 1997 gestartete erste Generation wurde binnen sechs Jahren 136 000-mal verkauft. Die zweite Generation fand 1,2 Millionen Käufer, von der dritten wurden 2,6 Millionen Einheiten abgesetzt. So gesehenen ist der Mirai so etwas wie ein Testlauf im globalen Maßstab. Die zweite Generation eines Autos mit Brennstoffzelle, die für 2020 geplant ist und dann wirklich eine Großserie sein soll, entwickelt Toyota derzeit zusammen mit seinem Partner BMW. Dann könnte es auch ein erstes Wasserstoffauto der Münchner geben. Konkurrent Daimler, der bei der Brennstoffzelle mit Ford und Nissan kooperiert, will schon 2017 mit einem Serienmodell starten. Vom dritten deutschen Premiumhersteller Audi hat man noch nichts Konkretes gehört.

Vom derzeit niedrigen Ölpreis oder den steigenden Reichweiten batteriebetriebener Autos lassen sich die Japaner indessen nicht irritieren. Wasserstoff, der sich so schnell wie Benzin tanken lässt, habe einfach unschlagbare Vorteile, sagen die Toyota-Experten. Auf langen Strecken und als vollwertige Autos würden sich Stromer ohne Brennstoffzelle nie durchsetzen, wenn es sogar bei Schnellladungen 20 Minuten dauert, um die nächsten 200 Kilometer zu fahren. Und rascheres Laden von Strom sei physikalisch nicht möglich.

Was der Mirai kostet und welche Reichweite er hat

Anschaffungspreis
7,5 Millionen Hybridautos hat Toyota beginnend mit kleinen Stückzahlen seit 1997 verkauft. So soll es nun auch mit Wasserstoffautos laufen. Das erste Modell dieser Technologie – der Toyota Mirai – kostet in Europa 78 580 Euro und ist damit laut Hersteller ein Fünftel teurer als vergleichbar ausgestattete Auto mit Verbrennungsmotor. In den USA wird der Mirai auf Leasingbasis bereits für 62 000 Dollar angeboten; inklusive Wasserstoff.

Kosten
Bei heutigen Energiepreisen kostet es knapp zehn Euro, mit dem Mirai 100 Kilometer weit zu fahren. Bei einem Diesel-Auto sind es im Schnitt gut zwölf Euro. Der 155 PS starke und 4,90 Meter lange Mirai ist 1,9 Tonnen schwer und besitzt zwei garantiert dichte Wasserstofftanks mit insgesamt 122 Litern. Das reicht bei maximal 178 Stundenkilometern für 500 Kilometer. Aus seinem Auspuff kommt lediglich Wasserdampf.