Die Sportvereine können nicht wachsen, weil die Zahl der Hallen nicht automatisch mitwächst. Die Expansion bleibt deshalb für viele nur ein Wunschtraum. Ein Stimmungsbericht aus Degerloch., Birkach, Plieningen und Heumaden.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Die neue Saison zu planen, „ist für mich wie ein Zauberwürfel“, sagt Michael Maile. Er dreht und dreht und hofft, dass sich die Farben richtig sortieren – sei es dank Geschick oder Glück. Die Farben sind Trainingsorte und -zeiten. Maile leitet beim tus Stuttgart die Basketballabteilung, und die wächst. Es gebe inzwischen fast 20 Mannschaften. „Wir können uns kaum retten vor potenziellen Spielern“, sagt er. Das Problem: Die Zahl der Hallen, in denen geprellt oder gedribbelt werden könnte, wächst nicht mit.

 

Die Stammhalle der tus-Basketballer ist die Ruth-Endress-Halle auf der Waldau. Doch sie sind freilich nicht die einzige Abteilung des großen Sportvereins, die dort trainieren will. 60 Prozent der Trainingseinheiten müssten deshalb in Schulsporthallen verlagert werden, sagt Maile. Wie zum Beispiel in die Albschule, ins Wilhelms-Gymnasium, in die Internationale Schule oder ins Wagenburg-Gymnasium. Was einfach klingt, ist es offenbar nicht. In den Ferien seien viele Hallen zu, erzählt Maile. Und wenn die jeweilige Schule zu einer Theateraufführung oder zu einem Fest einlädt, haben die Sportvereine das Nachsehen. Maile schätzt, dass im Jahr die Hälfte aller Trainingsstunden ausfällt. Teils recht spontan, was zu Problemen führe. Wenn der Trainer nicht mehr alle rechtzeitig erreicht, stehen die Kinder oder Jugendlichen vor verschlossener Hallentür.

Knapp 20 Hallen sind in den Ferien geöffnet

Schulen haben stets das Vorrecht. So stehe es im Schulgesetz für Baden-Württemberg, sagt Marco-Oliver Luz vom Schulverwaltungsamt. Bis 17.15 Uhr seien die Schulhallen in der Regel tabu für Vereine. Von vielen zeitlichen Kollisionen abends weiß er nichts. Aber: „Der Bedarf an Übungszeiten ist enorm.“ Im Winterhalbjahr „übersteigt der Bedarf die Kapazität“. Im Sommer sei es entspannter, dann würden viele Vereine draußen trainieren. In Stuttgart gibt es 140 Schulsporthallen. Von ihnen seien knapp 20 in den Ferien für die Vereine zu haben. Abgesehen von den ersten drei Sommerferienwochen und den Weihnachtsferien könnten sie ganztägig belegt werden. „Da sind Angebot und die Nachfrage recht ausgeglichen“, sagt Luz.

Matthias Schneider, Vorsitzender des TSV Heumaden, sagt, grundsätzlich komme der Verein mit seinem Übungsbetrieb gut hin. Gesetzt den Fall, alle Hallen sind zugänglich. Was passiert, wenn dem nicht so ist, hat der TSV gerade erlebt, als die Halle des Geschwister-Scholl-Gymnasiums saniert worden ist. „Wir hatten große Probleme, unseren Trainingsbetrieb aufrechtzuerhalten“, sagt Schneider. Deshalb birgt der anstehende Neubau der Halle neben der Grund- und Werkrealschule für den Sportverein nicht nur Grund zur Freude. Schneider sagt, bis die Halle abgerissen würde, müsse die geplante neben der Grundschule Riedenberg stehen. „Es wäre fatal, wenn sich das zeitlich überschneidet.“

Auch wenn der TSV Heumaden im Normalfall zurechtkommt: Expandieren ist unmöglich. Da kann Folker Baur nur beipflichten. Er ist Vorsitzender des TV Plieningen. Gern würde der Verein eine Volley- oder eine Basketballabteilung gründen. „Die Nachfrage ist da“, sagt Baur. „Aber wir sind so voll und zu, dass wir nichts Neues aufmachen können.“ Es komme vor, dass bei den Handballern zwei, drei Jugendmannschaften gleichzeitig in der Halle trainieren würden. Probleme machen laut Baur vor allem die Ballsportarten. „Turnen kann ich auch in der Zehntscheuer oder im Alten Rathaus“, sagt er. Aber für Hand- und Volleyball brauche es eine anständige Halle. Und wenn in einer solchen nicht oft genug geübt werden könne, „kann sich nichts Fortschrittliches entwickeln“.

Vereine hoffen auf die Mehrzweckhalle

Der TV teilt sich die Halle im Wolfer mit dem KV Plieningen, den Stuttgarter Kickers, der Uni Hohenheim, der Berufsfeuerwehr und einigen anderen. Ansonsten bleibt die Schulsporthalle am Paracelsus-Gymnasium und an der Körschtalschule. Weil die beiden Hallen bei Weitem nicht reichen, fordern die Schulen schon seit Längerem eine Mehrzweckhalle. Auf diese bauen auch die Vereine, sagt Baur. Sie würde einiges entkrampfen.

Der TSV Birkach beobachtet die Diskussion um die Halle aufmerksam, wie Anke Bührer sagt. Der Verein trainiert seine Mitglieder in der Alfred-Wais-Halle, der Halle an der Grundschule und in Ausnahmefällen im Haus Birkach. Letztere sei jedoch vergleichsweise teuer, sagt Bührer. „Der TSV ist im Bezug auf Hallen ein bisschen minderbemittelt.“ Die Volleyballabteilung der Mädchen bestehe inzwischen aus 50 Mitgliedern. Und um Aufschläge zu üben, brauche es nun mal eine gewisse Hallenhöhe. „Wir versuchen, in die Wolfer-Halle zu kommen“, sagt Bührer. Doch bisher ohne Erfolg. „Die vergeben sie natürlich in erster Linie an den KV und den TV Plieningen.“