Alexander Zorniger will Aufbruchstimmung erzeugen: Der neue Trainer des VfB Stuttgart tritt bei seiner Präsentation selbstbewusst auf und macht klar, dass beim VfB jetzt ein anderer Wind wehen wird.

Stuttgart - Alexander Zorniger (47) fängt ganz oben an. Er sitzt auf dem Podium in der Mercedes-Benz-Arena und blickt hinunter auf die Reporter, die an diesem Montag gespannt auf seine Antrittsrede warten. Wieder einmal ruft der VfB Stuttgart einen sportlichen Neuanfang aus, für den nach Thomas Schneider, Armin Veh und zweimal Huub Stevens jetzt Zorniger sorgen soll. Im Gegensatz zu ihm ist der Club gerade ziemlich weit unten – und der Trainer wird sich bei seiner Präsentation deshalb im Groben denken: Wenn der Weg nach oben in der Tabelle der Fußball-Bundesliga doch auch nur so einfach wäre wie bei den zwei Stufen im Presseraum des Stadions. Dann wäre schon viel gewonnen.

 

Aber diesen Zusammenhang stellt Zorniger später nicht direkt her, obwohl er sinngemäß tatsächlich erklärt, dass die Krise der vergangenen Jahre nur Stufe für Stufe und Schritt für Schritt zu meistern ist. „Step“ ist sein Lieblingswort, das er in dieser halben Stunde einige Male benutzt. So will er wohl eine Aufbruchstimmung erzeugen – immer schön der Reihe nach und eines nach dem anderen.

Klar wird bereits bei seinem ersten Auftritt, wen der VfB da verpflichtet hat: keinen Mann für Kompromisse. „Ich lasse mich nicht verbiegen“, sagt Zorniger. Das zeigt sich beispielsweise schon daran, dass er seine schwäbischen Wurzeln nicht verheimlicht und im Dialekt spricht – offen und konsequent wie bereits auf seiner Station zuvor beim RB Leipzig, auch wenn ihn die Sachsen dort sicher nicht immer verstanden haben. Überhaupt gibt es aus dieser Zeit eine Geschichte, die vermutlich recht gut beschreibt wie er wirklich ist. „Wenn wir aufsteigen sollten, wird mein Denkmal hier bestimmt nicht kleiner sein als das des Sportdirektors“, sagte Zorniger im Februar. Nicht zuletzt auch wegen diesem Zitat wurde er kurz danach von dem erwähnten Sportdirektor Ralf Rangnick entlassen. Dennoch sagte er hinterher im kleinen Kreis, dass er diese Aussage jederzeit wieder treffen würde.

In der Theorie klingen die Pläne gut

Aufgestiegen ist Leipzig übrigens nicht. Jetzt ist eh Robin Dutt sein Chef, der an diesem Mittag neben ihm Platz genommen hat, um mitzuteilen, „dass wir froh sind, dass Alex da ist. Ich glaube, dass er uns gut tun wird.“ Das würde jeder Angestellte gerne hören. Zorniger lächelt – und versucht dann darzustellen, warum Dutt so zuversichtlich ist. Dabei fallen Schlagworte wie Teamwork, Tempospiel, Fehlervermeidung oder Zentrumsfixierung. Das ist seine Philosophie, mit Hilfe derer er in Leipzig den Durchmarsch aus der Regionalliga in die zweite Liga geschafft hat.

In der Theorie klingt es gut, wenn Zorniger sagt, dass es in den nächsten Wochen darum geht, „das Repertoire der Spieler zu erweitern, ohne ihnen die Stärken zu nehmen.“ Oder wenn er hinzufügt, „dass wir in der Offensive bereits viel Qualität besitzen, während wir in der Defensive noch ein paar Stellschrauben ändern werden.“ Oder wenn er befindet, „dass ich nicht befürchte, dass wir nicht in der Lage sind, einen ganz speziellen Fußball zu entwickeln.“ Einen Fußball, bei dem es für ihn zwei Systeme gibt: eines mit einem Stürmer und eines mit zwei Stürmern.

In der Praxis weiß Zorniger, dass er an den Ergebnissen gemessen wird. Dabei argumentiert er selbstbewusst. Als er gefragt wird, ob er den Fans versprechen könne, dass es in der nächsten Saison keinen Abstiegskampf mehr geben werde, antwortet er mit einer Gegenfrage: „Wie soll ich das versprechen können?“ Nein, das geht nicht, „denn dann würde ich hier ja Floskeln raushauen. Dafür würden sie mich jetzt feiern – aber nach den ersten drei Spielen würde es dann vielleicht heißen: Zorniger raus!“ Also keine Sprüche, sondern nüchterne Stellungnahmen wie diese: „Ich freue mich – nicht nur weil ich jetzt wieder in der Heimat und schnell bei meiner Mutter bin, sondern auch weil das beim VfB eine große Chance für mich ist.“

Er wirkt anders als die meisten Trainer – etwa wenn er mitten in der Pressekonferenz plötzlich das Podium verlässt, um einen alten Bekannten zu begrüßen. In diesem Moment ist Zorniger dann wieder unten.