Für den VfB Stuttgart reicht es in dieser Saison sportlich nicht mehr für ganz oben, aber dafür hat der Verein aktuell bei den Spielerverpflichtungen für die neue Runde die Nase vorn. Bereits fünf neue Spieler sind da – zu diesem Zeitpunkt ist das deutscher Rekord.

Stuttgart - Der VfB Stuttgart ist Spitzenreiter. Das stimmt tatsächlich – zwar nicht in der Tabelle der Fußball-Bundesliga, wo das zuletzt nach dem ersten Spieltag der Saison 2011/12 der Fall war. Seitdem reicht es sportlich nicht mehr für ganz oben – aber dafür hat der Verein aktuell immerhin bei den Spielerverpflichtungen für die neue Runde die Nase vorn. Zumindest was die Masse betrifft.

 

Nachdem zuvor schon mit dem Torwart Thorsten Kirschbaum (26, Cottbus), dem Verteidiger Konstantin Rausch (23, Hannover) und dem Mittelfeldakteur Sercan Sararer (23, Greuther Fürth) alles klargemacht wurde, baute der VfB am Dienstag seine Führung sogar noch aus. Nun ist auch der Transfer des Abwehrspielers Daniel Schwaab (24) aus Leverkusen nahezu perfekt. Zudem steht der Stürmer Marc Rojas (21, Melbourne Victory) als weiterer Zugang fest. Bei ihm fehlt nur noch die Vertragsunterschrift. Und auch mit Sebastian Rudy (23) könnte es schnell gehen, wenn Hoffenheim absteigt.

Eine Wende um 180 Grad in der VfB-Politik

Damit sind nun also bereits fünf neue Spieler da – zu diesem Zeitpunkt ist das deutscher Rekord. Und es bedeutet in der VfB-Politik eine Wende um 180 Grad. Denn bisher waren die Stuttgarter in diesem Ranking Anfang Mai eher immer das Schlusslicht.

Tatsache ist, dass in den vergangenen Jahren viele wichtige Transfers sehr spät und oft sogar erst Ende August vollzogen wurden. Das hatte schon unter dem alten Manager Horst Heldt Methode, wofür die Verpflichtungen von Zdravko Kuzmanovic oder Ciprian Marica gute Beispiele sind. Dieser Trend setzte sich dann unter seinem Nachfolger Fredi Bobic mit Mauro Camoranesi oder Tim Hoogland fort – eine Strategie, die jedoch nicht auf Horst Heldt und Fredi Bobic zurückzuführen war, sondern auf die ihnen vorgegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Traditionell war der Club nämlich immer erst auf den letzten Drücker bereit, Geld für Investitionen in die Mannschaft lockerzumachen. Aber dann war der Markt weitgehend verlaufen – und der VfB musste die Spieler nehmen, die ihm die Rivalen noch übrig gelassen hatten. Eine derart zögerliche und wenig vorausschauende Taktik hätte jetzt vermutlich auch bei Schwaab und Co. zu diesem unbefriedigenden Ergebnis geführt. Die fünf Spieler sind zwar alle ablösefrei, aber unter diesen Umständen werden in der Regel auch die branchenüblichen Handgelder aufgerufen, um die Transfers wirklich zu realisieren. Zumal die Spieler verschiedene Angebote aus dem In- und Ausland hatten.

Bobic strebt einen Umbruch im Team an

Sie haben jedoch früh dem VfB den Zuschlag gegeben, was den Vorteil hat, dass sie nach der Sommerpause vom ersten Tag an jede Trainingseinheit mitmachen können. Das sind dann andere Voraussetzungen als in den zurückliegenden Jahren, in denen viele neue Spieler sogar das Trainingslager vor dem Saisonauftakt verpassten. Das verhinderte dann, dass sich die Mannschaft rechtzeitig finden und einspielen konnte – was die regelmäßigen VfB-Krisen am Beginn einer neuen Runde vermutlich ein Stück weit erklärt.

Jetzt hat die Abteilung Sport mit Bobic mehr Einfluss und ein stärkeres Gewicht, vor allem deshalb, weil die Vereinsführung angeschlagen und zahlenmäßig dezimiert ist. Ein neuer Präsident muss erst noch gefunden werden. Dazu sitzt neben Bobic nur noch Ulrich Ruf im Vorstand – und der Finanzexperte muss abwarten, welche personelle Konstellation sich nach der Mitgliederversammlung am 22. Juli ergibt. Zuvor wird Ruf kaum unpopuläre Sparmaßnahmen wie früher ergreifen. Vielmehr öffnet er die Kasse, um Bobic in seinem Tatendrang nicht zu bremsen. Dasselbe gilt erst recht für den Aufsichtsratschef Dieter Hundt, den der Wind von der Basis mit voller Wucht trifft. Er hat genug mit sich selbst zu tun und muss überlegen, wie er den Sturm vielleicht überstehen kann.

Diese Situation nutzt Bobic für seinen Plan. Er strebt einen Umbruch im Team an, wodurch eine bessere und erfolgsorientiertere Mentalität einziehen soll. Dazu baut er in erster Linie auf jüngere deutsche Spieler. Schwaab und Co. lassen grüßen. Das Paket ist geschnürt, und der eine oder andere Spieler wird noch dazustoßen. Am Ende lautet jedoch die entscheidende Frage: Hat die Masse auch die Klasse?