Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass die Hans-im-Glück-Arena zu den angesagtesten Flecken der Stadt wird? Und wer ist schuld? Vor allem das Transit.

Stuttgart - Punkt vier Uhr ist Schluss Freitag- und Samstagnacht. Musik aus. Keine Diskussion. Meist ist der kleine Laden noch voll, und die Gäste fallen jäh in ein Loch der Stille. Die DJs werden von der Meute angepeitscht - „komm, nur noch eine!“ - aber es gibt kein Erbarmen. Da kommt heute kein Ton mehr aus der Box. Die Leute begreifen langsam und ziehen davon.

 

Für die harten Steher beginnt Barmann Heiko seine längst berühmte Prozedur. Er steigt auf die Bank, wedelt mit den Armen und ruft voller Inbrunst: „Meine Damen und Herren, wir haben zwei Ausgänge, einen zur Linken und einen zur Rechten!“ Ein paar Minuten später ist das Transit endgültig leer, kurz durchschnaufen und dann beginnen die Aufräumarbeiten.

Die Hans-im-Glück-Arena boomt

Das Geißviertel oder die Hans-im-Glück-Arena boomt. Da weiß jeder. Neben dem Mata Hari und der Corso Bar ist das Transit/Bergamo der Auslöser jenes Booms. Genauer gesagt, mit dem Transit kam vor über vier Jahren endgültig so richtig Leben rein auf den paar Quadratmetern zwischen Cafe Weiss und Gül Kebab. Noch vor fünf Jahren hätte keiner gedacht, dass es da unten derartig brummen würde.

Es gibt Menschen, die lungern Sommers einfach die ganze Nacht am Brunnen herum und nuckeln an ihrem Supermarkt-Bier. Jeder Laden in diesem kleinen Kosmos hat freilich seinen Charme, von Kottan über Rubens bis zum Miss Jones, jeder auf seine Art ist etwas Besonderes. Für einige hat das Transit in diesem Geiß-Puzzle aber eine besondere Magie. Der Laden ist gefühlt so groß wie eine Schuhschachtel. Okay, sagen wir wie eine Telefonzelle.

Ein Schlund, der alle verspeist

Grob geschätzt passen 80 Leute auf einen Schlag rein. Wenn zehn gehen, kommen zehn neue Gäste nach, darunter die üblichen Nachteulen, junge Menschen, „alte“ Menschen, verschiedene Nationen, oftmals hört man englische Gespräche, Hipster wie aus einem Modeblog entsprungen, Kerle mit Streifenhemd sowie schicke Mädels, wie man sie sonst vielleicht eher im Aer Club vermutet. Die zwei Eingänge wirken wie ein Schlund, der alle verspeist.

In der Theorie heißt der Laden auf der einen Seite Bergamo, auf der anderen Transit. Die einen sagen so, die anderen so. Auf einer Raststätte in den Alpen kamen die Macher im Sommer 2007 auf den Name. Transit nach Bergamo. Im Oktober 2007 hat man eröffnet. Das Interieur hat man überwiegend selbst zusammengezimmert.

Seite 2: "Transit Madness" - damit ist alles gesagt

Der DJ steht quasi mitten im Publikum, so dicht an den Gästen wie in vielleicht keinem anderen Laden der Stadt. Manchmal kratzt die Nadel quer über die Platte, weil jemand mit dem Ellbogen aus Versehen an den Tonarm gekommen ist. Kein Problem, das kalkuliert man hier ein. Ein Stuttgarter DJ schreibt bei der Ankündigung seiner Gigs nur noch: "Transit Madness". Damit ist alles gesagt.

Trotz dieser "Madness" schätzt Janusch Munkwitz, einer der Betreiber, die "Unaufgeregtheit" im Bergamo. Trotz des Gedränges, trotz der gelegentlichen Auswüchse einer Nacht, bringt er das Gefühl des Ladens folgendermaßen auf den Punkt: "Wir wollen einfach eine nette Bar sein. Ausserdem entdeckt man das Transit oder Bergamo immer neu jeden Abend und erwartet nichts, wie in anderen Läden. Man geht einfach vorbei schaut wer da ist, wer arbeitet, was für Musik läuft. Mal bleibt man länger, mal kürzer, generell oft bis das Licht an geht."

Mal Hip-Hop, mal Electro, mal Best of Clubmusik

Stammgäste unterschreiben diese Aussage sicherlich sofort. Es gibt kein starres Musikkonzept. Mal läuft Hip-Hop, mal Electro, mal ein Best Of an Clubmusik mehrerer Jahrzehnte. Jeder Abend ist anders, jeder Abend entwickelt sich anders, vielleicht auch, weil dank des kleinen Raumes sich das Publikum schnell mal austauscht.

Ein Anker in dieser wöchentliche Metamorphose ist die Mannschaft. Ein Großteil arbeitet zwischenzeitlich seit vielen Jahren hinter oder vor dem Tresen, mitunter sind Freundschaften zwischen Barleuten und Gästen entstanden. Und so kommen mitunter seit vielen Jahren auch dieselben Leute, was nicht viele Läden schaffen. Meist kommt es nach zwei, drei Jahren zu einem Umbruch. Nicht im Transit. Man schaut eben gerne vorbei. "Das Team ist das eigentliche Gesicht des Ladens und ich bin sehr stolz auf mein Team", sagt Janusch, der ein wenig die Rolle im Hintergrund eingenommen hat.

Er ist nicht immer da. Aber kann sich fast sich sicher sein: Irgendwann in der Nacht sind die Scheiben wieder angeschlagen, irgendwann reihen sich die Gäste auf den Bänken wie in einem kleinen Stadion auf und jubeln bei jedem neuen Song wie bei einem Tor. Nicht umsonst fiel irgendwann der Satz: der kleinste A-Block der Welt.