Exklusiv Angesichts des Rückgangs der Zahl an Organspenden fordert der Direktor des Transplantationszentrums am Heidelberger Uni-Klinikum, Professor Markus Büchler, eine Reform der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

Stuttgart - Ärztefunktionäre und Gesundheitspolitiker sind alarmiert wegen des dramatischen Rückgangs von Organspendern. Nach der Statistik der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sind im vergangenen Jahr nur noch in 876 Fällen Angehörige bereit gewesen, beim Tod eines ihnen Nahestehenden dessen Nieren, Leber, Herz oder ein anderes Organ für eine Transplantation frei zu geben. 2012 hatte es noch 1046 Organspender gegeben, 16 Prozent mehr als 2013. Als Ursache für den Rückgang wird der Skandal um Manipulationen an Transplantationszentren in Göttingen und Regensburg genannt. In Göttingen muss sich deswegen ein Chirurg vor Gericht verantworten.

 

Die DSO spricht von einer „erschütternden Jahresbilanz“. Es werde „einen langen Atem brauchen“, um verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen, sagte der Stiftungsvorsitzende Rainer Hess. Er versicherte aber: „Kein Patient muss in Deutschland befürchten, wegen einer Organspende von den Ärzten zu früh aufgegeben zu werden.“

Rätsel gibt Baden-Württemberg auf, das bundesweit Schlusslicht ist. Hier kommen nur noch 9,2 Organspender auf eine Million Einwohner, der Bundesdurchschnitt liegt bei 10,9 Spendern. Nur 98 Spender fanden sich im gesamten Land – fast 20 weniger als im Vorjahr. Allerdings hatte Baden-Württemberg von 2011 auf 2012 als einziges Land bei den Organspenden zugelegt. Die Entwicklung ist bemerkenswert, da der Südwesten nicht direkt von den Skandalen betroffen ist. „Wir haben geklärt, dass es an den fünf Transplantationszentren im Land keine Manipulationen gab. Die Prüfungskommission der Bundesärztekammer hat das nun bestätigt“, sagte Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). Das Land habe das Sechs-Augen-Prinzip eingeführt, drei Ärzte entscheiden über eine Organverpflanzung. Es habe Mittel für eine Weiterbildung der Transplantationsbeauftragten an den Kliniken gewährt und Bonuszahlungen an Chirurgen für möglichst viele Eingriffe untersagt.

Neuordnung der Stiftung Organspende gefordert

Der Direktor des Transplantationszentrums am Heidelberger Uniklinikum, Markus Büchler, hat eine Neuordnung der DSO verlangt: „Die DSO muss reformiert werden. Sie muss ihre Kontrollen, die sie in der Vergangenheit offenbar nicht richtig wahrgenommen hat, in Zukunft verstärken.“ Es werde Jahre dauern, bis das Vertrauen in der Bevölkerung wieder aufgebaut sei. Die DSO weist indes darauf hin, dass sie bisher über gar keine Kontrollfunktion verfüge, sondern für die Kliniken nur unterstützend tätig sei.

Der Leiter der AG Öffentlichkeitsarbeit im Aktionsbündnis Organspende Baden-Württemberg, Peter Petersen, fordert bessere Arbeitsbedingungen für Transplantationsbeauftragte. „Durch den Skandal sind nicht nur Patienten und Angehörige, sondern auch Klinikärzte verunsichert. Sie sind nicht gerade ermuntert worden, um Organspenden zu werben.“ Den Spenderrückgang bezeichnete er als „Katastrophe“ für Patienten auf der Warteliste.