Es ist eine süße Zugabe nach einem entbehrungsreichen Weingärtnerjahr: Im Bottwartal hat es nach langer Durststrecke wieder einmal geklappt – Hunderte Liter Eiswein lasen frostbeständige Helfer von den Rebstöcken.

Steinheim-Kleinbottwar - In aller Herrgottsfrühe sind am Samstag in Kleinbottwar – in der Toplage am Götzenberg – besonders kälteresistente Traubenleser im Einsatz gewesen. Gefrorene Beeren schnitten sei von den längst blattlosen Rebstöcken. Auch Reinhard Schäfer vom gleichnamigen Weingut hat Eiswein gelesen – was selten genug passiert – und zwar einen Trollinger mit 180 Grad Oechsle. Rund 90 Liter kamen zusammen, „ein ganz toller Most“, berichtet Schäfer.

 

Der vorherige Eiswein war ein Lemberger

Dass es überhaupt einen Eiswein gibt, dafür muss viel zusammenkommen. 2007 hat Reinhard Schäfer seinen letzten Eiswein gelesen, damals ein Lemberger. „Wir haben es immer wieder probiert und spekuliert, aber die Zeitspannne von den doch recht frühen Lesen bis zum Frost ist doch recht lang. Diesmal hatten wir Dusel, und dies ist eine kleine Belohnung nach einem schwierigen Jahr.“

Es ist immer ein Glücksspiel, „wenn man an seinem besten Hang die Trauben für den begehrten Eiswein stehen lässt“, sagt auch Felix Graf Adelmann vom Weingut Graf Adelmann. Für diesen Mut wurden er und seine Mitarbeiter allerdings seit 2009 nicht mehr belohnt. Und jetzt das. „Wir sind überaus glücklich über dieses Geschenk der Natur“, schwärmt Felix Graf Adelmann über das aktuelle Ergebnis. Schließlich haben dafür auch 13 Kollegen eigens ihren Urlaub unterbrochen, um in der Nacht von Freitag auf Samstag bei minus elf Grad auf einer Fläche von zehn Ar die tiefgefrorenen Trauben für den Muskattrollinger Rosé zu lesen. „Das werden circa 120 Liter feinster Eiswein“, ist sich Felix Graf Adelmann sicher. Er und sein Technischer Leiter Ruben Röder mussten sich nicht nur angesichts der frühen Morgenstunden die Augen reiben. Auch die mehr als 200 Oechsle Mostgewicht sorgten für kurzes Staunen. „Wir haben ausgerechnet, dass bei acht bis neun Volumenprozent etwa 300 Gramm Restzucker bleiben.“

Dem Weinexperten fehlen die Begriffe

Dafür fehlen selbst dem Weinfachmann die Begriffe. Nur so viel: „Das ist eine vollkommene Monsterbombe“, schwärmt er. Und zwar eine, die den eigenen Ansprüchen voll und ganz gerecht werde. Denn während der Gesetzgeber erlaubt, bereits Wein, der bei minus sieben Grad gelesen wurde, als Eiswein zu bezeichnen, „müssen für uns die Temperaturen im zweistelligen Minusbereich liegen“, verrät Felix Graf Adelmann. Andernfalls friere die Traube nicht richtig durch. Dass es heuer gleich in mehreren Nächte solche niedrigen Temperaturen hatte, habe dafür gesorgt, „dass es in der Presse richtig geklirrt hat“.

Ähnlich war es bei Andreas Roth vom Weingut Forsthof in Kleinbottwar. „Die gefrorenen Beeren haben im Eimer schön geklappert“, berichtet er von dem eiskalten Morgen. Weil es auch schon zuvor so kalt war und weiter Minusgrade angesagt waren, „haben wir entspannt morgens um sieben angefangen mit der Lese“, berichtet er. 120 Liter Muskattrollinger mit 175 Grad Oechsle waren der Lohn. Roth: „Eiswein ist eine schöne Zugabe – wenn’s klappt.“