Rund 800 geladene Gäste in der Stiftskirche und 500 Bürger in der Domkirche St. Eberhard verfolgen die Feierlichkeiten für den verstorbenen Altoberbürgermeister Manfred Rommel.

Stuttgart - Mit einer bewegenden Trauerfeier in der Stiftskirche haben am Donnerstag rund 800 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Abschied vom langjährigen Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel genommen, der seit vielen Jahren an der Parkinson-Krankheit gelitten hatte. Er war am vergangenen Donnerstag im Alter von 84 Jahren verstorben. In den nächsten Tagen wird Rommel im engsten Familienkreis auf dem Ostfilderfriedhof in Sillenbuch, dem Wohnort von Manfred Rommel und seiner Frau Liselotte, in einem Urnengrab beigesetzt. Die Stadt richtet ein Ehrengrab ein.

 

Um der Bevölkerung, die ihren Alt-OB für seine Toleranz und seinen schwäbisch-hintersinnigen Wortwitz bewunderte, eine Möglichkeit zu bieten, Abschied zu nehmen, wurde die Trauerfeier via Großbildleinwand in die Domkirche St. Eberhard übertragen . Danach fand im Stuttgarter Rathaus, Rommels Arbeitsplatz zwischen 1974 und 1996, ein Empfang statt, bei dem sich Hunderte Trauergäste bei Maultaschen und Trollinger stärkten, Anekdoten über den Verstorbenen austauschten, sich über die Abwesenheit von Vertretern des Bundes enttäuscht zeigten – und die diversen Trauerreden bewerteten.

Die legendäre Laugenbrezel

Dabei wurde die Unterschiedlichkeit der Ansprachen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, OB Fritz Kuhn (beide Grüne) und Ex-OB-Wolfgang Schuster (CDU) betont, die sich zu einem stimmigen Ganzen gefügt hätten. Im Rathaus wurden auch ganze Brezeln mit Butter angeboten, ein Luxus, den der Alt-OB in seiner von Sparbemühungen geprägten Amtszeit nicht kannte. Stattdessen reimte er: „Der Schwaben Klugheit ist kein Rätsel. Die Lösung heißt: die Laugenbrezel! Schon trocken gibt dem Hirn sie Kraft, mit Butter wirkt sie fabelhaft. Erleuchtet mit der Weisheit Fackel – den Verstand vom größten Dackel!“

Rommels Tochter Catherine bedankte sich bei den Pflegern und Ärzten des Katharinenhospitals, die ihren Vater in den vergangenen Wochen versorgt hatten. In besonderem Maße galt der Dank der Leiterin der Abteilung Ehrungen und Empfänge, Bärbel Mohrmann, die der Familie bei der Organisation der Trauerfeier zur Seite gestanden habe, so Catherine Rommel.

Weggefährten aus allen Bereichen

Ehemalige Weggefährten von Manfred Rommel – Landespolitiker, Geschäftsführer, Verwaltungsmitarbeiter, Stadträte – hatten den Weg ins Rathaus gefunden: Die ehemaligen Messechefs Walter Gehring und Rainer Vögele wurden ebenso gesichtet wie die Ex-Bürgermeister Rolf Thieringer, Jürgen Beck, Klaus und Gerhard Lang, Wolfgang Dannecker, Rolf Lehmann. Auch Ex-Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder war gekommen. Tübingens OB Boris Palmer trug sich wie viele andere in ein Kondolenzbuch ein. Auch wenn er auf den Zug musste, war für ihn erst einmal Warten angesagt, bis eine ältere Dame das Buch durchgeblättert hatte. „Viele kommen, um die Sprüche zu lesen“, sagte ein Mitarbeiter schmunzelnd. Bis heute kann man sich während der Öffnungszeiten im Rathaus und in den Bezirksrathäusern eintragen. Das Online-Kondolenzbuch (www.stuttgart.de/kondolenzbuch) ist über das Wochenende freigeschaltet.

Ein Thema auf den Rathausfluren war die Frage, ob jetzt nicht der Flughafen, für dessen Ausbau sich Manfred Rommel einst starkgemacht hatte, nach ihm benannt werde? Der Vorstoß der Jungen Union Nordwürttemberg zwei Tage nach dem Tod des Alt-OB wird teils als Idee zur Unzeit betrachtet, teils mit Wohlwollen registriert. Flughafenchef Georg Fundel, einst Rommels Wirtschaftsförderer, kann sich für diesen Vorschlag erwärmen. Andere gewichtige Stimmen hegen Zweifel, dass man Rommels überragendem Wirken auf politisch-intellektueller Ebene gerecht werde, wenn man Infrastruktur nach ihm benennen würde. Schon eher sei die Gründung einer bedeutenden Rommel-Stiftung oder eine nach ihm benannte besondere Auszeichnung angemessen. Dies alles müsse aber zu gegebener Zeit auch mit der Familie besprochen werden.

Die Liste der Trauerreden war auf Wunsch der Familie kurz gehalten worden. Als Erster sprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er erinnerte an den Staatsmann und Politiker Rommel. Mit ihm hätten Stuttgart und das Land „eine Person der Zeitgeschichte“ verloren. Der Verstorbene habe sich mit der ihm eigenen souveränen Gelassenheit den Diskussionen mit Andersdenkenden gestellt. „Er tolerierte Meinungen der politischen Gegner auch dann, wenn er sie nicht akzeptieren konnte“, lobte Kretschmann. Obwohl in der CDU und dem christlichen Menschenbild verwurzelt, sei Rommel nie ein Gesinnungsethiker, sondern schon immer ein Verantwortungsethiker gewesen – „im Gegensatz zu mir.“

Kretschmann erinnert an den Politiker Rommel

Auch OB Fritz Kuhn erinnerte an eine von Rommels herausragenden Eigenschaften – seinen Humor. „Seine feinsinnige, schwäbische hintersinnige Ironie war auch Selbstironie“, sagte Kuhn und zitierte als Beleg einen Satz von Rommel über seinen Lieblingsphilosophen Friedrich Hegel: „Ich hab viel von ihm gelesen, die Hälfte wieder vergessen und nur ein Drittel verstanden.“ Kuhn würdigte seinen Vorvorgänger als „Christdemokraten und Liberalen im ursprünglichen Sinn“ und als couragierten Mann, der auch in schwierigen Zeiten die richtigen Worte gefunden habe.

Schuster dankt seinem Vorgänger

Wolfgang Schuster, politischer Ziehsohn Rommels und jahrelanger Weggefährte, sprach, sichtlich bewegt, seinen persönlichen Dank aus. „Ich durfte vieles lernen“, so der Ex-OB – und an das politische Vermächtnis anknüpfen, sich der Integrationspolitik zu widmen und im Gemeinderat für Kompromisse und breite Mehrheiten zu werben. Rommel sei ein „internationaler Brückenbauer zwischen Städten“ gewesen und habe zur Versöhnung ehemaliger Kriegsgegner beigetragen.