Erst hat die AfD-Vorsitzende Frauke Petry gesagt, der französische Rechtsausleger Front National passe nicht zur AfD. Nun sucht sie den Schulterschluss.

Berlin - Ein Treffen von Europas Rechtspopulisten in Koblenz führt in der Alternative für Deutschland (AfD) zu Diskussionen. Während die AfD-Vorsitzende Frauke Petry angekündigt hat, mit ihrem Ehemann und AfD-Europaabgeordneten Marcus Pretzell an der Konferenz der europäischen Rechtsausleger teilzunehmen, geht der Bundesvorstand der Partei auf Distanz. Der Kongress wird am 21. Januar von der europäischen ENF-Fraktion ausgerichtet, zu der etwa der rechtsextreme Front National aus Frankreich gehört. Auch Pretzell gehört als einziger AfD-Abgeordneter dieser Fraktion im Europaparlament an. Die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch entschied sich für eine andere Fraktion. Petry will den „europäischen Gegengipfel“ nutzen, um den Schulterschluss mit den Europakritikern zu demonstrieren. Doch das ist in der Parteiführung umstritten. Nach Informationen aus der Partei spielt bei diesem Streit auch der seit Langem währende Machtkampf an der Spitze eine Rolle. Es geht um die Aufstellung zur Bundestagswahl.

 

Petry entscheidet eigenmächtig

Zu Verstimmung führt, dass Petry und Pretzell die Teilnahme am Kongress der europäischen Rechten ohne Rücksprache mit dem Bundesvorstand entschieden haben. An der Veranstaltung in Koblenz wollen neben Marine Le Pen (Front National) auch der Chef der rechten niederländischen Partei PVV, Geert Wilders, teilnehmen. Auch die österreichische FPÖ ist vertreten. Der gemeinsame Kongress könne nach Aussagen von AfD-Führungsleuten nicht so gedeutet werden, dass die AfD nach rechts rückt. „Die Veranstaltung in Koblenz ist reine Sache der ENF-Fraktion, mit der die AfD nichts zu tun hat“, sagte der AfD-Kovorsitzende Jörg Meuthen. Die Tatsache, dass der ein oder andere AfD-Funktionär dort auftritt, ändere daran nichts, so Meuthen. Zusätzlich Ärger verursacht, dass der AfD-Europaabgeordnete Pretzell einzelnen Journalisten die Teilnahme an dem Kongress verweigert hat.

In der Partei wird wegen der Annäherung an die europäischen Rechten Kritik laut. In dieser Frage gebe es „überhaupt keine Linie“, sagt ein Mitglied der AfD-Führung. Das machen die Äußerungen der AfD-Vorsitzenden Petry deutlich. Im Februar 2016 sagte die AfD-Bundessprecherin im Interview mit der Stuttgarter Zeitung: „Der Front National hat in vielen Punkten eine sozialistische Ausrichtung und passt nicht zur AfD.“ Weiter erklärte die AfD-Frontfrau: „Wir haben auch keine Verbindung zum Front National.“ Das war der Stand vor einem Jahr. Die Aussage ist spätestens mit der medienwirksamen Teilnahme Petrys am Kongress in Koblenz überholt.

Pretzell sieht keine Widersprüche

Der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell bestreitet, dass es einen Widerspruch gibt. Innenpolitisch hätten beispielsweise der Front National und die AfD andere Vorstellungen, sagte Pretzell dieser Zeitung. „Das ist normal unter Partnern, solange wir alle respektieren, dass die AfD keine französische oder österreichische Innenpolitik betreibt und solange unsere Partner das ebenfalls respektieren.“ Einigkeit bestehe aber in der Kritik an der EU. „In Europafragen sind wir uns recht nahe“ , sagte Pretzell.

Wie verworren in der Partei die Positionsfindung ist, wird am abrupten Rollenwechsel deutlich. Während der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland früher immer dafür plädiert hat, auf europäischer Ebene mit dem Front National zusammenzuarbeiten, äußert er sich inzwischen kritisch zur bevorstehenden Konferenz. Petrys Aktion sei nicht abgestimmt gewesen, rügte Gauland.

Im Hintergrund tobt der Machtkampf

Nach Darstellung von Insidern hängt die Auseinandersetzung mit dem schwelenden Machtkampf in der AfD zusammen. Mit der Teilnahme am Kongress der europäischen Rechten versucht Petry, das rechte Lager der AfD für sich gewinnen. Zu den Führungsfiguren dieses Flügels zählten in der Vergangenheit Gauland und der thüringische Landeschef Björn Höcke. Petry empfiehlt sich nun diesem Teil der Partei als Identifikationsfigur. Das breite Medienecho auf den Kongress der europäischen Rechten hilft ihr dabei. Dass es im Hintergrund vor allem um die Frage geht, wer zur Bundestagswahl Spitzenkandidatin der AfD wird, gibt Petry selbst zu verstehen. Sie will unbedingt alleinige Spitzenkandidatin werden. Genau das versuchen ihre Widersacher im Bundesvorstand zu verhindern. Dem Magazin „Focus“ sagte Petry: „Mehrfachspitzen à la SPD-Troika sind dem Wahlkampf wenig förderlich, wenn tatsächlich dabei verdeckt der Kampf um die zukünftige Fraktionsspitze ausgetragen wird.“ Petry kämpft darum, dass sie der Parteitag im April zur alleinigen Spitzenkandidatin wählt.