Das städtische Elternseminar am Marienplatz in Stuttgart-Süd bietet einen wöchentlichen Treffpunkt für Eltern an, die erwerbslos oder in einem unsicheren Arbeitsverhältnis beschäftigt sind.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Emotionen abfangen, Erste Hilfe leisten und allgemeine Informationen. Das bietet Silvia Kundrat einmal die Woche. „Wenn jemand seine Arbeit verliert, bricht erst einmal eine Welt zusammen“, weiß die Sozialpädagogin. Sie leitet den Treffpunkt Erwerbslosigkeit, ein Angebot des städtischen Elternseminars am Marienplatz. Viele stünden so unter Schock, dass sie nicht gleich zum Telefon greifen, um die Arbeitsagentur anzurufen. „Man hat aber ja nur drei Tage Zeit, um sich arbeitslos zu melden“, weiß Kundrat.

 

Oft sind es auch Probleme mit Formalitäten, die Menschen den Treffpunkt Erwerbslosigkeit aufsuchen lassen. So wie bei einer Dame, die mit ihrem Baby gleich als erste am Donnerstagmorgen im Elternseminar am Marienplatz erscheint. Ihren Namen möchte sie nicht sagen, zu unangenehm ist ihr die eigene Situation.

Wenn das Geld ausbleibt

Sie möchte mit Silvia Kundrat allein sprechen und nicht in der Runde mit anderen. Die Mutter hatte sich von ihrem Mann getrennt und war nach Stuttgart zu ihren Eltern zurückgezogen. Die zuständige Behörde hat ihren Antrag auf Arbeitslosengeld II abgelehnt, da sie noch im Besitz einer Lebensversicherung ist. Jetzt steht die Mutter extrem unter Druck, weil sie nirgends Geld bekommt. Von Kundrat erhofft sie sich Hilfe dabei, wie sie auf das Schreiben vom Amt reagiert soll.

„Viele wissen gar nicht, wie sie auf einen Brief antworten und was sie reinschreiben müssen“, erzählt Kundrat. Auch an diesem Donnerstag morgen hilft sie der verzweifelten Frau in erster Linie dabei, den Antwortbrief zu schreiben und erklärt ihr, welche Möglichkeiten sie hat, sich zu wehren. Einige Abschnitte diktiert sie gleich selbst, die Frau schreibt pflichtbewusst mit.

In erster Linie hilft sie mit dem Treffpunkt bei alltäglichen Dingen weiter. Viele kommen zu ihr mit Amtsbescheiden, weil sie diese nicht verstehen. Oft kennen die Eltern schlicht auch ihre Rechte nicht oder sprechen nicht gut genug deutsch, um die entsprechenden Paragrafen oder Fachbegriffe zu verstehen. Alleinerziehende seien zum Beispiel oft nicht darüber informiert, dass ihnen mehr Hartz IV zusteht, sagt Kundrat. „Viele kommen auch schlicht mit der Hoffnung, dass sie irgendeinen Antrag vergessen haben“, erzählt sie.

Rechtsberatung gibt es nur begrenzt

Es gibt Grenzen für Kundrat. Sie kann nur allgemeine Informationen geben und unterstützen. „Ich bin keine Rechtsanwältin“, betont sie. Die Sozialpädagogin ist hauptberuflich in einer Schuldnerberatung tätig. „Mit wenig Geld auszukommen, darum dreht sich bei mir alles“, erklärt die 40-Jährige ihre Arbeit. Wie das funktioniert, das erzählt sie natürlich auch beim Treffpunkt Erwerbslosigkeit.

Der Name Treffpunkt ist jedoch eigentlich falsch gewählt. „Die wenigsten kommen hierher, weil sie Kontakt zu anderen in der gleichen Situation suchen“, so Kundrat. Dafür sei die Hemmschwelle, über finanzielle Probleme zu sprechen, viel zu groß. Deshalb gestaltet Kundrat den Treff auch anders als die sonstigen Kurse des Elternseminars. Auf dem Tisch stehen Brezeln, dazu gibt es Tee. Wer mit ihr allein sprechen will, für den nimmt sie sich die Zeit. „Wir wollen die Angst nehmen, hier reinzukommen“, betont Silvia Kundrat.