Alles neu macht das neue Schuljahr: In Stuttgart gibt es – anders als im Land – mehr Erstklässler. Aber keine Gemeinschaftsschule. Und Hauptschulen heißen jetzt Werkrealschulen.

Stuttgart - Entgegen dem Landestrend werden in Stuttgart nächste Woche mehr Abc-Schützen eingeschult als in den vergangenen Jahren. Bei den weiterführenden Schulen verläuft die Entwicklung sehr unterschiedlich. Maßgebliche Veränderungen gibt es durch die freie Schulartwahl, die Öffnung der zehnten Werkrealschulklassen und den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern.

 

Unterrichtsversorgung „Die Versorgung ist im Pflichtbereich gesichert“, sagte die Leiterin des Staatlichen Schulamts, Ulrike Brittinger. Dies gelte für alle Schularten. Im neuen Schuljahr würden 184 neue Lehrkräfte eingestellt, 63 mehr als im Vorjahr. Erstmals werden sechs Gymnasiallehrer an die Realschule abgeordnet. Hintergrund sei deren hoher Lehrerbedarf, zugleich falle am Gymnasium die 13. Klasse weg. Im sogenannten Ergänzungsbereich können nicht alle Schulen zusätzliche Fördermaßnahmen beim Lesen, Schreiben, Rechnen sowie Arbeitsgemeinschaften im musischen oder sportlichen Bereich anbieten. „Der Ergänzungsbereich ist kein Anspruch“, so Brittinger. „Die Fördermaßnahmen müssen im Regelunterricht stattfinden“, das sei pädagogisch sinnvoller. Auch im Deutschunterricht könne Theater gespielt werden. Die Krankheitsvertretungen seien hingegen aufgestockt worden: von 400 auf 600 Stunden.

Alle Hauptschulen heißen jetzt Werkrealschulen

Werkrealschule Hier gibt es die einschneidendsten Veränderungen. Eine optische: auch alle Hauptschulen heißen jetzt Werkrealschulen. Die freie Schulartwahl hatte eine Abstimmung mit den Füßen zur Folge – und eine Halbierung des Zustroms an Fünftklässlern. Schon vor einem Jahr konnten drei Schulen keine fünfte Klasse mehr bilden, jetzt geht es vier weiteren Schulen so. Welche Werkrealschulstandorte erhalten bleiben sollen, wird der Gemeinderat im Herbst beschließen.

10. Klasse Erstmals ist die bisherige Notenhürde von 2,4 hierfür an der Werkrealschule gefallen. Die Folge könnte eine Verdreifachung der Klassen und eine Steigerung von 208 auf 719 Schüler sein. Statt bisher 20 Prozent eines Jahrgangs wollen mehr als 70 Prozent diese Möglichkeit nutzen – auch wenn nicht alle einen mittleren Bildungsabschluss anpeilen, sondern manche auch einen Hauptschulabschluss nach Klasse zehn. Wegen der Heterogenität wird an manchen Standorten der Unterricht gesplittet, auch der Bildungsplan läuft zweigleisig. „Wie viele Zehntklässler es sind, wissen wir erst am Montag“, so Brittinger. Denn einige Schüler hätten sich parallel an einer beruflichen Schule angemeldet. Doch wegen der späten Lehrerzuweisung beziehungsweise Stellenausschreibung konnten manche Schulen erst in den Ferien über die Aufnahme der Schüler entscheiden.

Realschule bleibt Pufferschule

Realschule Sie fungiert weiterhin als Pufferschule. Zum neuen Schuljahr wechseln 172 gescheiterte Gymnasiasten (Vorjahr 210) dorthin, aber auch 151 aus der Werkrealschule (Vorjahr 156). Für individuelle Fördermaßnahmen erhält jeder Realschulzug erstmals 1,5 Lehrerwochenstunden zusätzlich.

Inklusion Stuttgart nimmt als Schwerpunktregion am Schulversuch teil und forciert den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern. Jetzt ist die Zahl der sogenannten Inklusionskinder von 93 auf 202 gestiegen. Sie werden an 41 Regelschulen unterrichtet – immer in kleinen Gruppen. Und: „Wir haben darauf geachtet, dass die Klassengröße vertretbar ist“, sagt Brittinger. Denn erst nach der Änderung des Schulgesetzes 2013 zählen die Inklusionskinder zum Klassenteiler. Schon jetzt werden sie aber von Sonderschullehrern begleitet (Größenordnung: 31 Lehrerdeputate). Diese unterrichten mit den Regelschullehrern in Teams.

Nur eine Schule soll Gemeinschaftsschule werden

Gemeinschaftsschule Die Elise-von-König-Schule ist die einzige Schule, für die die Stadt den Antrag für einen Start im Schuljahr 2013/14 vorbereitet. „Wir werden dort auch Realschul- und Gymnasiallehrer reingeben, damit alle Bildungsansprüche erfüllt werden können“, so Brittinger. Weitere Schulen hätten Interesse, unter anderem die Anne-Frank-Realschule.

Ganztagsschule Derzeit arbeiten 33 Schulen im Ganztagsbetrieb, die meisten in gebundener Form. „Manche Eltern haben Angst davor, dass ihr Kind kaserniert wird“, so Brittinger. Deshalb führe man das Angebot stufenweise ein. „Die Eltern brauchen offensichtlich noch mehr Einblick.“