Uri und Michelle Kranots Film „The Heart of Amos Klein“, der am Freitag auf dem Trickfilmfestival gezeigt wird, ist nur vierzehn Minuten lang, stemmt aber in seinen kurzen Sequenzen die wechselvolle Geschichte Israels.

Stuttgart - Das Herz von Amos Klein ist krank und muss dringend ausgetauscht werden. Während dieser Jedermann zwischen Leben und Tod schwebt, reflektiert er im Dämmerzustand über die wichtigsten Stationen seines Lebens, das geprägt ist von Gewalt, Hass und Militarismus. Uri und Michelle Kranots Film „The Heart of Amos Klein“, der am Freitag auf dem Trickfilmfestival gezeigt wird, ist nur vierzehn Minuten lang, stemmt aber in seinen kurzen Sequenzen die wechselvolle Geschichte Israels. Amos Klein erlebt den Sechs-Tage-Krieg, der 1967 zwischen Israel und den arabischen Staaten Ägypten, Jordanien und Syrien entbrannte, eine nächste Szene zeigt Straßenkämpfe während der Intifada 1987, eine weitere das Attentat auf den israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin im Jahr 1995.

 

Das Ehepaar Kranot hat viel zu erzählen. Nicht nur über die Heimat Israel, sondern über Erfahrungen, die über nationale Grenzen hinweg Allgemeingültigkeit haben. Ihr Medium ist der Trickfilm, der sich ihrer Ansicht nach besonders gut eignet für die Auseinandersetzung mit brisanten politischen und sozialen Themen. „Ich denke, wir haben mit dem Trickfilm eine bessere Chance, in die Gedanken des Publikums vorzudringen, sie zum Nachdenken anzuregen“, sagt Uri Kranot, „es sind ja nur Pixel, die etwas symbolisieren, nichts ist echt wie im Realfilm.“

So erklären sie sich auch den großen Erfolg von Ari Folmans „Waltz with Bashir“ (2008) in Israel, der heute Abend im Open-Air-Programm auf dem Schlossplatz zu sehen ist. Folman schildert in Form einer animierten Dokumentation seine Erlebnisse als israelischer Soldat während des Libanon-Krieges, erzählt vor allem von der schwierigen Auseinandersetzung mit der eigenen Schuld.

Mit zunehmender Qualität ist auch der Druck gestiegen

Uri Kranot ist immer noch begeistert, dass Folman mit seinem Film ein breites Publikum in Israel erreichen konnte. „Die Leute dachten wohl: Es ist ja bloß ein Trickfilm. Dass sie es in Wirklichkeit mit einem Dokumentarfilm zu tun hatten, war ihnen zunächst gar nicht bewusst.“ Seit zehn Jahren arbeiten Uri und Michelle Kranot erfolgreich als Trickfilmer außerhalb ihrer Heimat Israel. Beim diesjährigen Festival sitzt Uri Kranot in der Jury, der aktuelle Film „Hollow Land“, der bereits für einen Oscar im Bereich Kurzfilm nominiert war, läuft nun in Stuttgart im Wettbewerb.

Seit 2006 leben und arbeiten die Kranots in Dänemark, außerdem unterrichten sie junge Animationskünstler im Bachelor-Studium. Die Arbeitsbedingungen sind in den letzten Jahren zwar nicht unbedingt leichter geworden, andererseits staunt Uri Kranot oft über das nicht nur technisch hohe Niveau der Studentenarbeiten. Doch mit zunehmender Qualität ist auch der Druck gestiegen; aus der Masse herauszustechen und sich innerhalb der kleinen Nische anspruchsvoller Animationsfilme zu behaupten, ist selbst für die umtriebigen Kranots eine Herausforderung.

Es geht nicht um die pure Unterhaltung

Ihre Trickfilme wollen nicht gefällig sein und sich nicht an die Bedürfnisse des Mainstream anpassen. „Es geht uns nicht um die pure Unterhaltung“, stellen die beiden klar. „Das Internet und die damit verbundene Globalisierung hat die Filmwelt kleiner und enger gemacht, das ist sicherlich ein Problem.“ Mit ihrer eigenen Produktionsfirma „Tindrum“ wollen sie neben den eigenen Arbeiten auch die Filme junger Animationskünstler herausbringen, anderen die Chance geben, sich praktisch und direkt mit dem Markt auseinander zu setzen. „So sind unsere Studenten gut integriert, wir teilen mit ihnen unsere Erfahrungen“, erklärt Michelle Karnot.

Dass die Zusammenarbeit dabei auf Augenhöhe bleibt, ist für beide wichtig. Die Kritik ihrer Studenten ist hilfreich, die eigenen Arbeitsweisen zu hinterfragen und zu überprüfen. „Es gibt Kollegen, die niemals als Lehrer mit Studenten arbeiten wollen“, sagt Uri Kranot lachend. „Es gibt Phasen, da ist man sehr erschöpft, weil man ständig alles reflektiert.“