Für die Besucher der Wilhelma ist Tano ein ganz besonderer Affe – genau wie für seine Tierpflegerin Bea Jarczewski. Doch manchmal geht er ihr auch auf die Nerven.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Für die Zoobesucher ist Tano ein ganz besonderer Affe. Wieder steht eine Familie vor der Scheibe, hinter der das Gorillababy haust, und wieder entfährt nicht nur den Kindern der spontane Ausruf „Oh wie süüüüüüüß!“ Die Miniausgabe von King Kong kriegt von alledem nichts mit. Der Menschenaffe aus Prag, der in Stuttgart aufgezogen wird, schlummert selig.

 

Bea Jarczewski kennt diese typische Reaktion. Auch sie mag Tano sehr – ist doch die Affenliebe bei ihr besonders stark ausgeprägt. Als sie sich für den Beruf der Tierpflegerin entschied, wollte sie nach der Ausbildung unbedingt für die Menschenaffen zuständig sein – das hat geklappt. Ganz nachvollziehen kann sie die große Aufregung um den kleinen Gorilla dennoch nicht. Für sie ist er einer von vielen Schützlingen. „Seit dem Rummel um den Berliner Eisbär Knut und seinen Pfleger Thomas Dörflein ist alles anders, die Menschen drehen voll durch, wenn ein Jungtier auftaucht“, sagt die 33-jährige Pflegerin.

Alle finden Tano süß

Ein derart enges Verhältnis zum Gorillababy, wie es der Berliner Pfleger zu Knut hatte, gebe es in der Affenaufzucht nicht. „Wir sind fünf und wechseln uns ab“, berichtet Bea Jarczewski. Wer Schicht habe, habe es nicht leicht. „Auch nachts heißt es alle zwei Stunden füttern und pflegen“, sagt sie. Und natürlich kann das Äffchen, das wie ein neugeborenes Menschenkind alle süß finden, auch nerven. „Manchmal hat er eben seine Launen – das ist ganz normal, wie bei einem Kind auch. Aber wenn er dann am Ende der Schicht wieder goldig ist, verzeiht man ihm einfach alles – wie eine Mutter.“

Trotz aller Nervigkeit und anstrengender Schichten, selbst im Urlaub kann Bea Jarczewski von Affen nicht lassen. Im vergangenen Sommer gönnte sie sich auf einer Reise nach Afrika einen besonderen und besonders teuren Ausflug: Sie besuchte Berggorillas in freier Wildbahn. „Das hat 500 Euro für wenige Stunden gekostet, das tut schon weh, denn viel verdient man als Tierpfleger nicht“, sagt sie. Doch das Erlebnis sei ihr das viele Geld wert gewesen.

Verzückung hielt sich in Grenzen

Die Verzückung, als sie hörten, dass Tano nach Stuttgart kommen sollte, hielt sich bei den Pflegern in Grenzen. „Es ist halt wieder ein Affenbaby und dann auch noch kurz vor Weihnachten, so dass man nicht freinehmen kann“, so hätten sie im ersten Moment reagiert. Ist das Baby dann da, „freut man sich natürlich.“ Die Pfleger würden zwar eine enge Bindung aufbauen zu den Tieren, doch sei immer klar, dass dies nach drei Jahren vorbei ist. „Erstens darf man die Tiere nicht vermenschlichen, und zweitens sind die Affen dann so stark, dass es für den Menschen gefährlich wird, da können sie einen beim Spielen richtig verletzen“, erklärt Bea Jarczewski. Nach drei Jahren haben Pfleger und Affe nur noch durch das Gitter oder die Scheibe hindurch Kontakt.

32 Babys sind in den 17 Berufsjahren von Bea Jarczewski schon in der Wilhelma von Menschen aufgezogen worden, die eigenen Gorillas des Zoos ziehen ihren Nachwuchs meistens selber auf. Manchmal besuchen die Pfleger ihre ehemaligen Schützlinge in ihrem neuen Zoo, zum Beispiel in Heidelberg.

An den Tano-freien Tagen haben Jarczewski und ihre Kollegen ganz normalen Dienst im Menschenaffenhaus. Dann kommen neben Besen, Schaufel und Eimer auch Bohrmaschinen zum Einsatz. Damit bauen die Pfleger zum Beispiel Futterhölzer, bei denen Rosinen in die Löcher gesteckt werden. Diese Leckerli müssen sich die Affen dann rauspulen, damit es ihnen nicht langweilig wird.