Knesset verabschiedet umstrittenes Gesetz, das von NGO mehr Transparenz verlangt.

Jerusalem - Die israelische Knesset hat am späten Montagabend das umstrittene „NGO-Gesetz“ verabschiedet – trotz internationaler Kritik, auch von deutscher Seite. Nach sechsstündiger hitziger Debatte votierten 57 Abgeordnete bei 48 Gegenstimmen für die Vorlage aus dem Haus der nationalrechten Justizministerin Ajelet Schaked. Das Gesetz verpflichtet gemeinnützige Organisationen, die mehr als fünfzig Prozent ihres Etats über ausländische Regierungsgelder finanzieren, dies in all ihren Briefen und Broschüren offenzulegen. Betroffen sind fast ausschließlich NGO, die zum linken israelischen Friedenslager zählen. Wer gegen das sogenannte Transparenz-Gesetz verstößt, muss künftig rund 7000 Euro Bußgeld zahlen. Rechte Nichtregierungsorganisationen, die meist in weit höherem Maß Privatspenden aus dem Ausland erhalten, bleiben davon ausgenommen.

 

Lob auf Facebook

Premier Benjamin Netanjahu lobte auf seiner Facebook-Seite die gesetzliche Maßnahme. Sie sei darauf angelegt, „eine absurde Situation zu verhindern, wonach ausländische Staaten sich über die Finanzierung von NGO in Israels innere Angelegenheit einmischen“. Damit werde die Demokratie nur gestärkt. Oppositionsabgeordnete warfen hingegen der Regierung vor, sie wolle unliebsame Kritiker zum Schweigen bringen. Linke Bürgerrechtsgruppen wie Btselem, Jesch Din oder Breaking the Silence arbeiten vor allem in den palästinensischen Gebieten und sind entschiedene Gegner der israelischen Besatzung. Das Gesetz schade dem internationalen Image mehr als irgendeine NGO, warnte die frühere Außenministerin Zipi Livni von der Zionistischen Union.

Auch Bundestagsabgeordnete protestieren

Sogar die deutsch-israelische Freundschaftsgesellschaft des Bundestages hatte vorab in einem Brief an Premier Netanjahu Bedenken geäußert. Kein anderes westliches Land habe eine vergleichbare Gesetzgebung, hieß es darin. Nur Länder wie Ägypten, Russland und die Türkei gingen gegen kritische NGO vor. Israel, die einzige Demokratie in Nahost, sollte nicht zu dieser Liste gehören. In dem Schreiben, unterzeichnet von Volker Beck (Grüne), Gitta Connemann (CDU/CSU), Kerstin Griese (SPD) und Jan Korte (Die Linke), wurde auch die Besorgnis ausgedrückt, die gesetzliche Reglementierung von NGO setze deren Aktivisten einem Mobbing bis hin zu Gewaltübergriffen aus: „Wir haben bereits beunruhigende Berichte in dieser Hinsicht erhalten.“

Als „Hure“ und „Verräterin“ beschimpft

Dazu dürfte der Fall der Sprecherin der Reservistenorganisation „Breaking the Silence“zählen, die wochenlang vermutlich von jüdischen Rechtsextremisten anonym bedroht und verleumdet worden war. Als die Anrufer selbst ihre Großeltern nachts wachklingelten, um die Enkelin als „Hure“ und „Verräterin“ zu beschimpfen, hatte Juli Novak die Sache publik gemacht. Selbst in israelischen Regierungskreisen wurden NGO-Mitglieder schon als „ausländische Agenten“ hingestellt. Indirekt gefährdet dies auch die Arbeit deutscher politischer Stiftungen, die in Israel und dem Westjordanland Bürgerrechtsgruppen mit Regierungsgeldern unterstützen. Gerade um den weltweit zirkulierenden Boykottaufrufen zu begegnen, sollte Israel seine hohen demokratischen Standards wahren, appellierten die Bundestagsabgeordneten in ihrem Brief. Eine Mahnung, die Netanjahu in den Wind schlug. Im Januar 2017 tritt das NGO-Gesetz in Kraft.