Mit seinem Telefongespräch mit Taiwans Präsidentin Tasi Ing-wen hat der künftige US-Präsident Donald Trump China erheblich verärgert.

Peking - In sieben Wochen wird Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten, doch es ist ihm bereits gelungen, China zu verärgern. Trump hat ein Telefongespräch mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen geführt. Er hat der Staatschefin der Republik China dabei versichert, dass Amerika an ihrer Seite stehe. In Asien gilt das als diplomatische Ungeschicklichkeit: Der Status der Insel Taiwan ist umstritten; direkte Kontakte zwischen ihrer Regierung und der US-Führung sind tabu.

 

Rücksicht auf unerfahrenen Trump

Die zweitwichtigste Großmacht auf dem Planeten zeigt sich nun verärgert. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als Teil des eigenen Territoriums. Die Regierung Tsai ist diesem Weltbild zufolge eine unrechtmäßige Ansammlung von Rebellen. Tatsächlich repräsentiert Peking, und nur Peking, China auf der internationalen Bühne – das ist eine Realität, die die USA längst anerkannt haben. Daher gab es seit 1979 kein Gespräch mehr zwischen taiwanischen und amerikanischen Präsidenten. Trump hat mit dieser Vereinbarung nun dem Gefühl nach gebrochen, obwohl er formal noch nicht Präsident ist – zumindest empfindet China das so. „Wir haben entsprechende Berichte zur Kenntnis genommen und eine ernsthafte Beschwerde zum Ausdruck gebracht“, sagt ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. „Wir weisen noch einmal darauf hin, dass es auf der Welt nur ein China gibt.“ Nur Rücksichtnahme auf einen unerfahrenen US-Politiker habe die Regierung an einer heftigeren Reaktion gehindert, war in Peking zu hören.

Komplexe diplomatische Realität

Trump rechtfertigte das Telefongespräch damit, dass die USA schließlich jedes Jahr Militärausrüstung in Milliardenwert an Taiwan liefern. „Warum soll da kein Telefonat erlaubt sein?“ Doch der Immobilienunternehmer verkennt eine komplexe diplomatische Realität in Fernost, in der Spitzenpolitiker die tatsächlichen Verhältnisse oft nicht beim Namen nennen dürfen – zum Besten aller Beteiligten. Beobachter sind erstaunt über den plötzlichen Politikwechsel in Taipeh und Washington.

„Keiner hat das kommen sehen“, sagt Hu Tsu-Ch’ing von der Tunghai-Universität in Taipeh im Hinblick auf den überraschenden Erstkontakt zwischen Tsai und Trump. Entgegen der Aussage des chinesischen Außenministeriums gibt es China seit den späten 40er-Jahren eben doch zweimal: Die Reste der bürgerlichen chinesischen Republik existieren auf Taiwan mit seinen lediglich 23 Millionen Einwohnern fort, während die große Mehrheit der Chinesen in der sozialistischen Volksrepublik wohnen. Das sind mehr als 1400 Millionen Menschen. In der praktischen Realität ist mit dem Wort „China“ daher die Volksrepublik gemeint.

Lippenbekenntnisse und Symbolpolitik

Die USA unterstützen das demokratische Taiwan dennoch in jeder Hinsicht. Bisher haben sie das jedoch schlau und vorsichtig angestellt. Sie haben Lippenbekenntnisse und Symbolpolitik eingesetzt, um Freiraum für reale Militärhilfe zu haben. Die Volksrepublik besteht darauf, China weltweit allein zu repräsentieren? Kein Problem. Washington hat 1979 die offiziellen Beziehungen zur Republik China auf Taiwan abgebrochen – um die inoffiziellen Beziehungen noch tiefer zu machen. Peking hat zugesehen und stillgehalten, solange der Schein gewahrt blieb. Denn einen Krieg wollte keiner – zumindest, solange es sich vermeiden lässt.

Keine Angst vor Kriege

China ist jedoch kein harmloses Land. Die Regierung ist bereit, ihre Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Das Land schreckt auch vor Kriegen nicht zurück. Im Jahr 1979 hat es Vietnam überfallen, um den sowjetischen Einfluss in Südostasien zurückzudrängen. Erst in der vergangenen Woche hat Peking eine Reihe von Schützenpanzern der Armee von Singapur kurzerhand beschlagnahmt und damit ein weiteres Nachbarland gegen sich aufgebracht. Die Fahrzeuge hatten in Taiwan an einem Manöver teilgenommen.

Zentrales Thema von Chinas Außenpolitik

Die Zugehörigkeit von Taiwan ist eine zentrale und heikle Frage der chinesischen Außenpolitik. Keine chinesische Führung kann gegenüber der eigenen Bevölkerung einen offiziellen Verlust der Insel Taiwan rechtfertigen. Der Zusammenhalt des chinesischen Territoriums ist ein heiliger Grundsatz der Politik des Landes. Denn in der älteren und jüngeren Geschichte war es oft genug gespalten. Wenn Taiwan sich unabhängig machen würde, wäre Peking zu allem bereit, um die Insel zurückzuholen. Die chinesische Marine hält an der Küste der Provinz Fujian eine gewaltige Flotte von Landeschiffen und Begleitfahrzeugen bereit und könnte jederzeit eine Invasion beginnen. Dort sind auch Raketen aufgestellt, die Taiwan in Minuten treffen könnten. All das, um eine glaubwürdige Drohung für den Fall der Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten.

Nun kommt Trump und spielt leichtfertig mit dem Feuer. Das Weiße Haus unter dem scheidenden Präsidenten Barack Obama hat bereits versucht, zu löschen: Die Taiwan-Politik der USA hätten sich nicht geändert. Doch die taiwanische Regierung veröffentliche zeitgleich Fotos von Präsidentin Tsai während des „historischen“ Telefonats, bei dem auch der Außenminister und der Chef der Nationalen Sicherheitsrates der Insel anwesend waren. Die Wähler haben Präsidentin Tsai den Auftrag gegeben, die Selbstbehauptung Taiwans zu stärken. Jetzt testet sie offenbar aus, wie weit sie in Peking gehen kann. http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.gipfel-von-china-und-taiwan-herr-xi- und-herr-ma-treffen-sich.02b5c877-ce09-4508-aa26-4fdf2bedf3af.html