Der US-Senat bringt die größte Steuerreform auf den Weg. Darin enthalten ist eine Sondersteuer, die deutsche Unternehmen benachteiligen könnte. Die Berliner Politik ist besorgt.

Berlin - Die US-Steuersenkungspläne beunruhigen die deutsche Wirtschaft. „Die amerikanische Regierung will ihre eigenen Unternehmen durch höhere Belastungen für Importeure stärken“, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Die vom amerikanischen Repräsentantenhaus und Senat vorgeschlagene Importbesteuerung würde deutsche Unternehmen negativ treffen, sagte Schweitzer. Grund ist, dass deutsche Firmen in großem Umfang Produkte und Dienstleistungen in die USA einführen. Nach Auffassung des DIHK widerspreche das Vorhaben Doppelbesteuerungsabkommen und den Regeln internationaler Handelsabkommen. Auch die geschäftsführende Bundesregierung ist alarmiert. Offiziell will sich die Regierung zwar nicht äußern. Berlin vertritt aber die Einschätzung, dass im Falle der Umsetzung Schaden für die deutsche Wirtschaft zu befürchten sei. Die von der USA geplante Sondersteuer auf Importe hätte zwar nicht die einschneidenden Wirkungen wie die im Frühjahr diskutierte, inzwischen verworfene Grenzausgleichssteuer. Diese Strafsteuer hätte alle Waren aus dem Ausland verteuert. Der US-Kongress diskutiert nun darüber, konzerninterne Importe mit einer Sondersteuer von zehn bis 20 Prozent zu belegen. Am Wochenende hatte sich der US-Senat auf eine Steuerreform verständigt. In Verhandlungen muss dieser Entwurf mit den Vorstellungen im US-Repräsentantenhaus in Einklang gebracht werden.

 

Deutsche Wirtschaft sieht Wettbewerbsnachteile

Die deutsche Wirtschaft befürchtet Wettbewerbsnachteile. Die Steuersenkungen würden dadurch gegenfinanziert, dass grenzüberschreitend tätige Unternehmen zur Kasse gebeten würden, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). US-Präsident Donald Trump stellte einer der größten Steuersenkungen in Aussicht, die zu einem „gigantischen Wirtschaftswachstum“ führen soll. Die Reform sieht massive Steuersenkungen für Unternehmen und bescheidenere Entlastungen für Privatpersonen vor. Der Satz für Unternehmenssteuern soll von derzeit 35 Prozent auf 20 Prozent sinken – und damit unter den Schnitt der Industriestaaten von 22,5 Prozent. In Deutschland liegt die Belastung der Firmen mit Körperschaftsteuern und Gewerbesteuern insgesamt bei knapp 30 Prozent.

Unklar ist nach wie vor, wie die Strafsteuer im Detail aussieht. Im US-Kongress gibt es dazu unterschiedliche Vorstellungen. Der Vorschlag des Repräsentantenhauses sieht vor, eine 20-prozentige Sondersteuer auf Zahlungen an ausländische Konzerneinheiten zu erheben. Diese „Import Excise Tax“ beträfe Lizenzgebühren und Dienstleistungsentgelte, aber keine Zinsen. Sie würde nur bei größeren multinationalen Konzernen erhoben. Der US-Senat empfiehlt dagegen eine zehnprozentige Mindeststeuer für konzerninterne Importe in die USA. Betroffen davon wären US-Gesellschaften von Konzernen, die über der Umsatzschwelle von 500 Millionen Dollar liegen. Nach Meinung der deutschen Wirtschaftsverbände geht die Importsteuer weit über die Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung hinaus. Der BDI sieht darin einen protektionistischen Charakter.

Bundesregierung will sich nicht festlegen

Dass Washington die Körperschaftsteuer senkt, findet allgemein die Zustimmung der Wirtschaft. In Deutschland werden Rufe laut, ebenfalls die Körperschaftsteuer zu reduzieren. Der Wirtschaftsrat der CDU erklärte, durch die US-Steuerpolitik leide die Attraktivität Deutschlands im internationalen Wettbewerb. Deutschland laufe Gefahr, bei der Unternehmensbesteuerung wieder an die Spitze der Länder mit der höchsten Belastung zu rücken, sagte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats. Auch DIHK-Präsident Schweitzer rief die Politik zum Handeln auf. Die Steuerentlastung in den USA erhöhte den Druck auf Deutschland. „Die nächste Bundesregierung wird darauf reagieren müssen und eine Senkung der hier zu Lande jetzt vergleichsweise hohen Steuerlast von etwa 30 Prozent angehen müssen“, sagte Schweitzer.

Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend. Über die nächsten Schritte in der Steuerpolitik könne eine geschäftsführende Regierung nicht entscheiden, meinte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Die SPD lehnt einen Steuerwettlauf um die niedrigsten Sätze ab. Auch die Union dämpfte die Erwartungen: „Ein Steuerdumping werden wir nicht mitmachen“, sagte der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus unserer Zeitung. Er sprach sich aber dafür aus, das Unternehmenssteuerrecht zu entrümpeln und transparenter zu machen.