Der Buchhändler will seine Ware künftig auch in den Wohnzimmern der Kunden verkaufen. Mit dieser Strategie will der Tübinger Regionalfilialist den großen Playern aus dem Onlinehandel trotzen.

Stuttgart - Auf einem Tisch stehen Gläser gefüllt mit Sekt und auch einige Knabbereien. Im Wohnzimmer des Ludwigsburger Ehepaares Kaapke sind 20 Freunde und Bekannte zusammengekommen und lachen ausgelassen, als Christian Riethmüller eine Passage aus dem schwedischen Bestseller „Ein Mann namens Ove“ vorliest. „Damit Sie mal sehen, was dieser Ove für ein Typ ist“, sagt der Geschäftsführer der Osianderschen Buchhandlung zu den Anwesenden, die Teil eines Testprogramms sind: In dieser Woche hat Osiander seine erste Bücherparty veranstaltet – eine Strategie, mit dem der Tübinger Regionalfilialist den großen Konkurrenten aus dem Onlinehandel trotzen will.

 

„Wir haben uns überlegt, was wir dem Kunden anbieten können, was Amazon und die anderen nicht können“, sagt Riethmüller über das Vertriebskonzept, das man vor allen Dingen mit Tupperware, aber auch mit Putzmitteln oder Dessous in Verbindung bringt – und das Osiander nun auf Bücher übertragen hat. Insgesamt 200 Bücher (40 Titel mit je fünf Exemplaren) haben Riethmüller und drei seiner Kollegen in einem Kleintransporter vom Stammsitz in Tübingen nach Ludwigsburg gefahren haben, um sie dort im Rahmen der ersten Osiander-Bücherparty den Kunden vorzustellen. Die Hausherren haben sich an diesem Abend die Präsentation von Krimis, Unterhaltungsliteratur und Bücher, die man zu Weihnachten verschenken kann, von den vier Buchhändlern gewünscht.

Osiander will die Partys künftig auch für Firmen anbieten

Am Ende der fast dreistündigen Veranstaltung scharen sich die Gäste um den Tisch, auf dem die Bücher ausgestellt sind. Manche haben zwei Exemplare in der Hand, andere sogar einen ganzen Stapel. Riethmüller hat keine Kasse dabei, gezahlt wird auf Rechnung, die wenige Tage später per Post zugestellt wird. „Wir wollen es unseren Kunden so bequem wie möglich machen und ihnen bargeldloses Einkaufen ermöglichen“, sagt er. Die Idee, die Bücher gleich mitnehmen zu können und später zu bezahlen, will der Buchhändler auch bei künftigen Bücherpartys beibehalten.

Mit dem Ergebnis des Erstversuchs zeigt sich der Chef der mehr als 400 Jahre alten Buchhandlung sehr zufrieden: „Wir haben knapp 2000 Euro Umsatz gemacht“, sagt Riethmüller. So habe jeder Gast an diesem Abend im Durchschnitt für 140 Euro eingekauft. „Das würden wir im Laden oder im Internet nie hinbekommen“, sagt der Buchhändler. In einer Osiander-Filiale gebe jeder Kunde im Mittel 15 Euro aus.

Die Bücherpartys, die laut Riethmüller für eine Mindestzahl von 15 Personen ausgelegt sind, sollen künftig nicht nur in Privathaushalten stattfinden, sondern auch in Schulen, „um den Lehrern die neuesten Kinderbücher vorzustellen“, sagt der Geschäftsführer. Zudem schwebt Riethmüller vor, die Veranstaltung auch in Unternehmen mit mehr als hundert Personen stattfinden zu lassen. Dort könne man den Kunden dann etwa Managementliteratur vorstellen. Zwei Firmen aus Tübingen, so erzählt Riethmüller, hätten bereits ihr Interesse bekundet. Auch von verschiedenen Osiander-Kunden seien bereits Anfragen gekommen.

Die Mitarbeiter sollen für die neue Aufgabe geschult werden

Erst zu Beginn des nächsten Jahres werde die Bücherparty ihre Fortsetzung finden, sagt Riethmüller. Doch zuvor will der Osiander-Chef seine Mitarbeiter für diese neue Aufgabe schulen. „Außerdem müssen wir uns überlegen, wie wir das Ganze noch unterhaltsamer machen und die Kunden noch mehr einbeziehen können.“

Ähnlich den Bücherpartys sind auch die Lieblingsbücherabende, die Osiander bereits seit Jahren veranstaltet: Zweimal im Jahr stellen Buchhändler in den Filialen ihre Favoriten vor. „In den kleineren Buchhandlungen haben wir etwa 50 Gäste, in Tübingen sind es auch schon einmal 200“, erzählt Riethmüller. Der Buchhändler ist sich darum sicher, dass das Konzept der direkten, persönlichen Empfehlungen auch in den Wohnzimmern der Kunden aufgeht.