Kaum ist Schuster weg, soll sein Konzept der Außenbeziehungen Stuttgarts überprüft werden – so will es zumindest die SPD. Eine Partnerschaft mit einer türkischen Stadt fänden die Genossen nicht schlecht. Doch es gibt auch Bedenken.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Während seiner Abschiedstournee hat der sonst auch gescholtene Wolfgang Schuster viel Lob für seine Außenpolitik und für sein engagiertes Auftreten als Europäer erhalten. Umso überraschender ist es nun, dass die SPD im Stuttgarter Gemeinderat nur zwei Tage nach Schusters Weggang bereits einen Antrag zu den Stuttgarter Außenbeziehungen eingebracht hat. Die Fraktion verlangt einen Bericht, wie die zehn Städtepartnerschaften Stuttgarts, die kommunale EU-Politik und die Kooperationen mit Gemeinden in der sogenannten Dritten Welt weiterentwickelt werden könnten.

 

Einige Punkte sind SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter besonders wichtig. Erstens könnte er sich vorstellen, eine elfte Partnerschaft mit einer Stadt in der Türkei zu knüpfen. Die Menschen mit türkischem Hintergrund bildeten die größte Migrantengruppe in Stuttgart; auch bestünden schon heute vielfältige wirtschaftliche und kulturelle Kontakte in die Türkei. Zweitens müsse man überlegen, inwieweit die Stadtbezirke eigene Partnerschaften pflegen können – bisher war dies eher nicht gewünscht, nur die bestehenden Kontakte von Zuffenhausen, Vaihingen und Bad Cannstatt wurden weitergeführt. Drittens müsse man sich die Abteilung für Außenbeziehungen im Rathaus näher anschauen: „Stuttgart hält sich auf seine Internationalität viel zugute, aber die Ausstattung der Abteilung ist nicht üppig“, sagt Kanzleiter. Tatsächlich besteht sie aus lediglich vier Stellen.

Der Gemeinderat will beim Konzept wieder mehr mitreden

Viertens schließlich, und nun wird die Kritik an Schuster unüberhörbar, wolle der Gemeinderat wieder stärker eingebunden werden in diese Arbeit. Zu lange habe der OB die Außenpolitik in Form einer „One-Man-Show“ betrieben. So verlangt die SPD einen jährlichen Bericht. Kanzleiter betont aber auch: „Es ist nicht so, dass wir überall Probleme sehen. Aber wir wollen das Konzept weiterentwickeln.“

In der Stabsstelle für Außenbeziehungen ist man skeptisch, ob eine weitere Städtepartnerschaft sinnvoll ist. Man habe seit Jahren einen anderen Ansatz, sagt Frédéric Stephan: Stuttgart arbeite mit wechselnden Partnern in konkreten Projekten zusammen; das sei fruchtbarer, weil man sich dann die jeweils kompetenteste Stadt aussuchen könne. Daneben sieht Stephan ein Kapazitätsproblem: „Eine neue Städtepartnerschaft muss mit Leben gefüllt werden. Mehr schafft die jetzige Besetzung aber nicht.“ Die letzte Partnerschaft war Stuttgart 1992 mit Samara in Russland eingegangen. Damals hatte sich der Gemeinderat darauf verständigt, dass eine höhere Zahl nicht zu stemmen sei; 1995 lehnte man das Angebot Nanjings in China ab. Man beließ es bei einer „Freundschaft“.

Bisher gibt es rund 80 deutsch-türkische Städtepartnerschaften

Bei einer türkischen Partnerstadt für Stuttgart kommt einem zunächst Istanbul in den Sinn. Denn dorthin gibt es schon Kontakte; erst am vergangenen Samstag haben Schuster – quasi in seiner allerletzten Amtshandlung – und der Istanbuler Oberbürgermeister Kadir Topbas das Istanbul-Stuttgart Centre gegründet, das die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft und Technik intensivieren soll. Doch hat Istanbul bereits zwei offizielle Partnerschaften mit deutschen Städten, nämlich mit Berlin und Köln. Die Stadt Antalya ist mit Nürnberg verbunden. Insgesamt existieren rund 80 deutsch-türkische Partnerschaften; die allermeisten sind erst in den 1990er Jahren geschlossen worden.