Kritiker verlangen die Abschaffung des türkischen Konsulatsunterrichts, denn dort werde integrationsfeindlicher Nationalismus vermittelt. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) lässt die Rechtsgrundlagen prüfen.

Stuttgart - Angesichts der Gesamtentwicklung der politischen Lage in der Türkei lässt Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) den Konsulatsunterricht im Südwesten genauer unter die Lupe nehmen. Dabei unterrichten Lehrer aus der Türkei ohne Einfluss der staatlichen Schulämter die Muttersprache und Heimatkunde. Die Inhalte verantwortet das Konsulat.

 

Kritiker verlangen Abschaffung

Es erfolge eine „sehr kritische Begleitung und Bewertung“ des Unterrichts, sagte Eisenmann dieser Zeitung. Von verschiedenen Seiten waren Forderungen laut geworden, den muttersprachlichen Unterricht durch die von den Konsulaten bezahlten Lehrer abzuschaffen. Die GEW-Vorsitzende Doro Moritz hatte der Heilbronner Stimme gesagt, „spätestens seit dem Putsch in der Türkei muss auch unserer Landesregierung klar sein, dass an den Konsulatsschulen nur Lehrer unterrichten, die auf der Linie von Präsident Erdogan liegen“. Es sei „blauäugig zu glauben, dass dort nur die türkische Sprache vermittelt wird“. Sie verlangt, dass der muttersprachliche Unterricht ebenso wie der islamische Religionsunterricht in staatliche Verantwortung übernommen werde.

Bernhard Lasotta, der integrationspolitische Sprecher der CDU im Landtag, verlangt ebenfalls die Abschaffung des Konsulatsunterrichts, den er als in hohem Maße integrationsfeindlich bezeichnet. In den Kursen werde ein türkischer Nationalismus vermittelt.

Eisenmann sucht Gesamtlösung

Kultusministerin Eisenmann betonte gegenüber unserer Zeitung, „ich gehe davon aus, dass weder politische noch religiöse Indoktrinierungen in den Kursen stattfinden, sonst müssten wir das verbieten“. Von einzelnen Schulämtern höre sie, der Unterricht sei tendenziös. Eine flächendeckende Rückmeldung liege aber nicht vor. Jetzt müsse geklärt werden, „wie groß die Probleme tatsächlich sind“.

Auch verbiete sich eine Einzelbetrachtung des türkischen Unterrichts. „Wir brauchen eine Lösung für alle, ich stelle niemanden unter Generalverdacht“, sagte Eisenmann. Die Ministerin verwies darauf, dass in Baden-Württemberg muttersprachlicher Unterricht aus 14 Herkunftsländern angeboten werde. Mit rund 500 Kursen mache der Türkischunterricht jedoch den größten Anteil aus. 246 Lehrer erteilen die Kurse. Es folgt Italienisch mit 140 und mit weitem Abstand Griechisch mit 44 Kursen.

Vorschrift aus den siebziger Jahren

Das Kultusministerium habe schon vor der GEW-Forderung das Justizministerium beauftragt, so Eisenmann, die rechtliche Grundlage für den muttersprachlichen Unterricht zu überprüfen. Es handelt sich um eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 1977 zur Förderung des muttersprachlichen Unterrichts von Migrantenkindern, die auch zum Ziel hat, eine etwaige Rückkehr in die Herkunftsländer zu erleichtern.

Eisenmann will jetzt klären lassen, was das Land in welcher Verbindlichkeit einfordern könne und wie viel Spielraum das Kultusministerium habe. Danach könnten unterschiedliche Vorgehensweisen erwogen werden, etwa, ob das muttersprachliche Angebot in den Unterricht übernommen werden könnte. Sie unterstrich die Bedeutung des muttersprachlichen Unterrichts. Es gehe nicht um pro und contra muttersprachlichen Unterrichts, sondern um den Konsulatsunterricht und dessen mögliche Kontrolle.