Die Turnerinnen des MTV Stuttgart gewinnen den Meistertitel und bauen ihre beeindruckende Erfolgsserie aus.

Ludwigsburg - Mit einer Kusshand beendet Kim Bui ihre Bodenübung, verlässt mit einem Lächeln das blaue Viereck und landet in einer Traube jubelnder Mitstreiterinnen. Dann schickt sie die letzte Turnerin Eythora Thorsdottir mit einer Umarmung auf die Matte – doch schon vor dem Auftritt der starken Niederländerin war klar, dass das übermächtige Team des MTV Stuttgart zum fünften Mal in Folge die deutsche Meisterschaft in der Frauen-Bundesliga feiern kann. Der fünfte Titel der Seriensiegerinnen hat für die Olympiastarterin Kim Bui seine ganz besondere Geschichte. „Wir hatten eine ordentliche Quote an Verletzen, und so ein Finale verzeiht bei einer Wertung von vier aus vier keine Fehler“, sagte sie.

 

Der Trainingsauftakt im Oktober glich nach Olympia einer Art Herbstschlafphase, und dem Trainerduo Marie-Luise Hindermann/Robert Mai stand nur eine Athletin aus der Achterriege zur Verfügung. Einige Turnerinnen waren von den Anstrengungen der Spiele in Rio erschöpft, andere verletzt – und Elisabeth Seitz absolvierte ihren Start bei der Bundeswehr. Aber die MTV-Frauen haben es wieder geschafft und sich mit 213,50 Punkten vor 3000 Zuschauern in Ludwigsburg beim Finale der Deutschen Turnliga (DTL) den Pokal vor der TG Karlsruhe-Söllingen (206,70) gesichert. Dritter wurde der TuS Chemnitz Altendorf vor dem TZ Köln.

Am Ende hatte der MTV einen Vorsprung von 6,80 Zählern. Im vergangenen Jahr beim Endkampf in Karlsruhe rettete das Team nach vier Geräten und insgesamt 16 Übungen gerade mal zwei Zehntel vor der TG Karlsruhe-Söllingen ins Ziel. „Das war dieses Jahr schon ein ganz besonderer Sieg“, sagte die Trainerin Hindermann. Die souveräne Leistung der Stuttgarterinnen war auch deshalb bemerkenswert, weil die MTV-Riege ohne Elisabeth Seitz und Kim Janas antreten musste. 2015 musste Kim Bui wegen einer Verletzung passen. „Es wäre entspannter für uns alle, wenn wir mal mit Kim und Elli zusammen antreten könnten“, sagte Marie-Luise Hindermann.

Seitz ist nicht am Start

Elisabeth Seitz konnte wegen einer starken Erkältung unter der Woche nicht an die Geräte gehen und unterstützte ihr Team als Motivatorin. „Es ist schwer, wenn man nicht richtig mithelfen kann, aber umso mehr freut man sich dann über den Erfolg“, sagte sie. Kim Janas hatte nach dem dritten Kreuzbandriss ihren Rücktritt vom Leistungssport erklärt und ihr Team noch einmal angefeuert. Mitten hinein ins Stuttgarter Glück gab es in Ludwigsburg deshalb auch Tränen bei der jungen Ex-Sportlerin. Die Ludwigsburgerin Tabea Alt kam wegen Trainingsrückstands ebenfalls nur beim Sprung zum Einsatz – überzeugte hier aber mit 14,25 Punkten. „Das Ligafinale ist immer etwas ganz Besonderes, ich habe die Stimmung und die Unterstützung in der Halle sehr genossen“, sagte Tabea Alt.

Ein kleines Déjà-vu hatten die Stuttgarterinnen nur bei der Vorstellung am Barren, an dem sie wie schon im Vorjahr ein bisschen geschwächelt hatten und nicht so federleicht und quirlig um die Holme wirbelten. Karlsruhe-Söllingen ging deshalb mit einem Vorsprung von einem halben Punkt an den Schwebebalken. Doch ausgerechnet am Zittergerät machte der Titelverteidiger einen ganz ausbalancierten Eindruck – und im Gegensatz zu den Badenerinnen blieben alle MTV-Frauen oben.

Einen starken Eindruck hatte die niederländische Gastturnerin Eythora Thorsdottir bei ihrem ersten Bundesligaeinsatz hinterlassen. Mit 54,95 Zählern war sie am Ende die beste Vierkämpferin in Ludwigsburg. Kein Wunder, denn die 18-Jährige belegte in Rio beim olympischen Mehrkampffinale der Frauen Platz neun und landete mit dem holländischen Team auf Rang sieben. Thorsdottir, deren Eltern aus Island stammen, hatte im Kreis der Stuttgarterinnen vor allem viel Spaß. „In Holland turnen wir immer vor leeren Rängen. Das war eine tolle Show“, sagte sie.

Vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen, denn natürlich schauen die MTV-Verantwortlichen schon in Richtung 2017. Neben Kim Janas wird auch Antonia Alicke fehlen, die für ein Jahr in die USA geht. Der Rest des erfolgreichen Ensembles wird dem MTV Stuttgart aber erhalten bleiben. Das Team ist also bereit für den nächsten Meistertitel. Es wäre der sechste nacheinander.