Im TV-Duell haben sich der amtierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Herausforderer Guido Wolf in einigen Punkten erheblich widersprochen und Zahlen beschönigt. Wir klären im Fakten-Check auf.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Schon einen Tag nach dem Fernseh-Streitgespräch zwischen dem CDU-Spitzenkandidaten zur Landtagswahl Guido Wolf und dem amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) im Südwestrundfunk hat sich Wolf für eine Wiederholung ausgesprochen. Er würde sich mit Blick auf die Landtagswahl im März weitere Sendungen und Duelle wünschen, sagte Wolf am Freitag. Als einer der Hauptakteure des 45-minütigen Schlagabtauschs wolle er sich nicht anmaßen, einen Sieger zu benennen, sagte Wolf, meinte aber: „Es hat Spaß gemacht.“

 

Bei dem TV-Duell haben die beiden Politiker nicht nur hart diskutiert, sondern sich in einigen Behauptungen sogar erheblich widersprochen. Wir haben die Fakten überprüft, in denen der Amtsinhaber und der Herausforderer verschiedene Angaben gemacht haben.

Zurechtgerückte Zahlen zur Rückführung von Flüchtlingen

Im TV-Duell verlangte Guido Wolf eine schnellere Begrenzung der Zugangszahlen von Flüchtlingen. Baden-Württemberg habe im vergangenen Jahr lediglich 5500 Flüchtlinge erfolgreich rückgeführt, während in Bayern insgesamt 20 000 abgelehnte Asylbewerber den Freistaat verlassen hätten, sagte Wolf.

In München wird diesen von Guido Wolf genannten 20 000 Rückführungen widersprochen: „Wir haben 2015 etwas mehr als 4000 Menschen abgeschoben“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums. „Zudem hatten wir bis Ende November 12 000 freiwillige Ausreisen.“ Zusammengerechnet sind das rund 16 000 rückgeführte Flüchtlinge – ohne diejenigen, die im Dezember freiwillig Bayern verlassen haben.

Auf Nachfrage beim baden-württembergischen Innenministerium erhält man genaue Angaben zu den Rückführungen: „Wir haben im vergangenen Jahr 2449 Abschiebungen gezählt“, sagt ein Sprecher. „Zusätzlich dazu haben bis zum 30. November 5289 Menschen über Programme zur freiwilligen Ausreise das Land verlassen.“ Zusammengerechnet sind das – ohne die Zahlen vom Dezember – insgesamt 7738 Rückführungen

Allerdings werden die freiwilligen Ausreisen unterschiedlich gezählt: „Baden-Württemberg erfasst nur offiziell geförderte freiwillige Ausreisen“, erläutert ein Sprecher des hiesigen Staatsministeriums. „In Bayern werden auch Menschen mitgezählt, die ohne spezielle Programme das Land verlassen.“ Dazu gehöre auch etwa eine Weiterreise in andere Länder. So kämen die Bayern auf höhere Zahlen.

Sachleistungen statt Geld für alle Flüchtlinge in Bayern?

Guido Wolf verlangte auch, schneller die Anreize für Flüchtlinge zu reduzieren: weg vom Geld, hin zu Sachleistungen. „In Bayern hat man bereits komplett auf Sachleistungen umgestellt“, sagte Wolf, woraufhin Kretschmann entschieden widersprach. Eine Sprecherin des bayerischen Sozialministeriums erläutert: „Wir wollen die möglichst vollständige Umstellung auf Sachleistungen in den Aufnahmeeinrichtungen und vor allem in den Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen einleiten.“ Bisher sei aber nur in zwei bayerischen Unterkünften das Taschengeld vollständig durch Sachleistungen ersetzt worden. In diesen Unterkünften sind ausschließlich Asylbewerber untergebracht, die aus den Balkanstaaten stammen.

Personalsituation bei der Polizei beschönigt

Ein Thema im Streitgespräch war auch die Personalsituation bei der Polizei, da die CDU derzeit einen Aufbau von 1500 Stellen im Land fordert. Kretschmann konterte, dass die ehemalige schwarz-gelbe Landesregierung unter Günther Oettinger und Stefan Mappus 1000 Stellen bei der Polizei streichen wollte, von denen etwa 500 tatsächlich weggefallen sind: „Als Grün-Rot an die Regierung kam, ist der Stellenabbau gestoppt worden“, sagte Kretschmann. Zug um Zug seien die Stellen wieder um etwa 400 erhöht worden. „Das stimmt genauso“, bestätigt der Landeschef der Polizeigewerkschaft, Rüdiger Seidenspinner.

Das Argument von Wolf, dass die frühere schwarz-gelbe Regierung keine Stellen bei der Polizei direkt gestrichen habe, sondern vielmehr den Wirtschaftskontrolldienst an die Landratsämter abgegeben hat, nennt Seidenspinner eine „abenteuerliche Rechnung“. In den vergangenen Jahren seien viele Aufgaben neu dazu gekommen, wie etwa Internetkriminalität. Von einer Entlastung könne keine Rede sein.

Kretschmann argumentierte, dass durch die Polizeireform von 2012 jedes Revier im Land zwei Polizisten zusätzlich bekommen habe. „Rein rechnerisch stimmt das“, sagt Seidenspinner. Vielen Revieren wären sogar drei oder vier zusätzliche Beamte für den Vollzug zugeteilt worden. Allerdings müsse man bedenken, dass derzeit und noch in den kommenden fünf Jahren unzählige Beschäftigte aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand gehen würden. Dazu käme, dass durch die Reform auch in kleinen Gemeinden „Rund-um-die-Uhr-Stellen“ eingerichtet worden seien für eine dauerhaft mögliche Aufnahme von Straftaten und Unfällen. „Das kostet viel Personal“, sagt Seidenspinner. „Wir haben also zwischen zwei und vier Kollegen in die Reviere bekommen, dafür aber rund drei Beamte in die Pension und etwa vier in neue Tätigkeitsbereiche verloren.“