Er flucht wie ein Bierkutscher, trinkt schon mal einen über den Durst und geht keiner Schlägerei aus dem Weg: Behzat C. ist eine Art türkischer Schminaski und entfacht in Ankara Diskussionen.

Stuttgart - Er flucht wie ein Bierkutscher, trinkt schon mal einen über den Durst und geht keiner Schlägerei aus dem Weg. Wie einst Deutschlands „Tatort“-Kommissar Horst Schimanski in jüngeren Jahren lässt es auch der türkische Fernsehermittler Behzat Ç. ganz schön krachen. Regelmäßig klärt der von dem TV-Star Erdal Besikçioglu gespielte Kommissar im türkischen Fernsehen Verbrechen auf und bedient sich dabei einer bildhaften Sprache, die man als hart, aber herzlich bezeichnen könnte. Anstelle der schlimmsten Schimpfwörter lässt der Sender Star TV denn auch Pieptöne erklingen, was so manchen Monolog von Behzat Ç. fast zu einer musikalischen Erfahrung macht.

 

Der Kommissar Behzat Ç. (gesprochen: Beisat Tsche) ist ein Mann aus dem Volk, den viele Zuschauer lieben – bei Behörden des Landes und der religiös-konservativen Regierung von Ministerpräsident Erdogan ist die Serie „Behzat Ç. – Kriminalgeschichten aus Ankara“ dagegen weniger beliebt, weil sie nach deren Meinung gegen die guten Sitten verstoße und überdies ein verzerrtes Bild der türkischen Polizei zeichne.

Erfunden hat den türkischen Schimanski der 31-jährige Schriftsteller Emrah Serbes, der seinen kettenrauchenden Protagonisten bisher in zwei Kriminalromanen auf Mörderjagd gehen ließ, von denen der erste mit dem Titel „Behzat Ç. – Jede Berührung hinterlässt eine Spur“ beim Berliner Binooki-Verlag jetzt auch auf Deutsch erschienen ist. Serbes schreibt gemeinsam mit dem Co-Autor Ercan Mehmet Erdem auch die Drehbücher für die TV-Serie, die seit zwei Jahren mit großem Erfolg im türkischen Fernsehen läuft.

Außerdem war der schmuddelige Kommissar mit dem markanten Bart wie weiland „Schimi“ in „Zahn um Zahn“ schon der Protagonist eines Kinofilms, der im vergangenen Jahr auch in Deutschland zu sehen war, allerdings mit eher mäßigem Erfolg, wie der deutsche Filmverleih „Kinostar“ berichtet.

Unkonventionelle Mittel, um den Fall zu lösen

Den Vergleich mit dem ruppigen Schimanski aus Duisburg braucht Behzat Ç. nicht zu scheuen: Wie der Kommissar aus dem Ruhrgebiet greift auch der türkische Ermittler bisweilen zu unkonventionellen Methoden, um einen Fall zu lösen, wie jener schert sich auch der Mann aus Ankara keinen Deut um seine Ausdrucksweise und stürzt sich am liebsten in seine Arbeit, um seinem von Tristesse geprägten Privatleben aus dem Weg zu gehen, wo er nur kann.

Nach einer gescheiterten Ehe ist Behzat Ç., dessen voller Nachname das Geheimnis seines Erfinders Emrah Serbes ist, nicht besonders gut auf Frauen zu sprechen, was ihn nicht daran hindert, sich auf das ein oder andere erotische Techtelmechtel einzulassen. Einzig seine Tochter Berna lag dem mürrischen Ermittler am Herzen, und ausgerechnet sie wurde im Lauf der ersten Staffel ermordet.

Die türkische Krimiserie lebt aber nicht nur von ihrer sperrigen Hauptfigur und spannenden Plots, sondern ist auch wegen ihrer sozialkritischen Töne bei vielen Zuschauern beliebt. So geht es schon mal um die fragwürdige Inhaftierung unliebsamer Intellektueller oder um Journalisten, die regierungskritische Schriften verfasst haben. Doch an den Krimis scheiden sich die Geister, denn manchen Zuschauern und vor allem offiziellen Stellen ist der saufende und fluchende Kommissar ein Dorn im Auge. So verwarnte die türkische Fernsehaufsicht den Sender Star TV schon wiederholt und verhängte wegen des exzessiven Alkohol- und Zigarettenkonsums von Behzat Ç. sogar eine Geldbuße gegen den Kanal.

Auch der für Medienpolitik zuständige Vizepremier Bülent Arinç wandte sich gegen die Serie, die aber ungeachtet aller Kritik weiterlaufen soll. „Es besteht nicht die geringste Absicht, die Serie vor ihrem eigentlich im Drehbuch vorgesehenen Ende einzustellen“, teilte die Geschäftsführung von Star TV vor Kurzem auf dem Höhepunkt einer hitzigen Debatte über „Behzat Ç. – Kriminalgeschichten aus Ankara“ mit. Die Fans der Serie können sich also auf weitere Abenteuer mit dem türkischen Schimanski freuen.