Als der erste Teil dieses „Tatorts“ lief, die „Wegwerfmädchen“, waren viele Zuschauer irritiert. Am Sonntag lief die Fortsetzung: Beängstigend glaubhaft kommt Charlotte Lindholm im ,,Goldenen Band“ skrupellosen Männerbünden auf die Spur, meint unser Kritiker.

Stuttgart - Sieben Wochen Überstunden hat Charlotte Lindholm gesammelt. Sie kämpft gegen brutale Rocker und eine korrupte Herrenrunde aus besten Kreisen, ermittelt weiter, obwohl ihr der Fall entzogen wurde, wird bedroht und sieht dem Tod in Weißrussland ins Auge. Und ihrem Freund Jan (Benjamin Sadler) vertraut sie auch nicht mehr. Die Kommissarin ist fix und fertig – eindrucksvoll, wie Maria Furtwängler das knapp am Rande des Nervenzusammenbruchs spielte.

 

„Das goldene Band“ legte zu gegenüber dem ersten Teil dieses „Tatorts“ aus Hannover. Mehr Spannung als im „Wegwerfmädchen“ und weniger Dialoge im Betroffenheitsmodus. Mit der cleveren Kommissarin Prinz (Alessija Lause) und dem vorlauten Kollegen Belz (Christoph Jacobi) kamen sogar Leichtigkeit und Humor ins Spiel. Da kann man über ein paar dramaturgische Volten hinwegsehen: Alle verschleppten Frauen erfrieren in einem Container – und nur die so engelsgleiche wie überirdisch zähe Larissa Pantschuk (stark: Emilia Schüle) taucht wieder auf? Jan erscheint in dem Moment, als Charlotte erschossen werden soll – auf einem Dachboden in einem weißrussischen Kaff? Ein Spritzer Milch auf die „Hunnen“-Jacke genügt – und der so gedemütigte Boss platzt mit dem Geständnis heraus? Na ja.

Beängstigend glaubhaft wurde jedoch von Männerbünden erzählt. Geschäftsleute kaufen Politiker und bestellen zur Feier des Tages eine Fuhre Mädchen aus Osteuropa. Unerheblich, wie viel Hannover darin zu finden ist, denn Hannover ist überall. Stark auch, dass der „Tatort“ nicht in falscher Harmonie endet. Der Immobilienhai (großartig: Bernhard Schir) düst unbehelligt in den Urlaub. Vor Lindholms Fenster zeigen die Rocker Präsenz. Der Film ist zu Ende, aber es ist nicht vorbei.