Die CDU will einen Schlussstrich unter die parlamentarische Aufarbeitung des „Schwarzen Donnerstag“ ziehen. Und sie hält den Untersuchungsausschuss Schlossgarten II für verfassungswidrig. Die vom Ausschuss befragte Gutachterin widerspricht.

Stuttgart - Wie weit reicht der züchtigende Arm des Parlaments, wie tief darf die kontrollierende Hand des Landtags in die Schubladen der Landesregierung greifen? Nach Ansicht der Landtags-CDU jedenfalls nicht in der Dimension, wie das Grün-Rot derzeit im Untersuchungsausschuss Schlossgarten II praktiziert. Der Ausschuss verletze mit seinem Informationshunger den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, kritisiert Reinhard Löffler. Der CDU-Obmann im Ausschuss prüft derzeit eine Klage vor dem Staatsgerichtshof.

 

Keine Verletzung des exekutiven Kernbereichs

Auf Löfflers Drängen hatte der Untersuchungsausschuss zudem eine gutachterliche Stellungnahme zur verfassungsrechtlichen Rechtmäßigkeit seiner eigenen Existenz in Auftrag gegeben – nicht bei dem von Löffler vorgeschlagenen Würzburger Rechtsprofessor Kyrill-Alexander Schwarz, sondern bei dessen Osnabrücker Kollegin Pascale Cancik, die von Grün-Rot präferiert wurde. Sie gelangt in ihrem Gutachten, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt zu dem Ergebnis, der Untersuchungsausschuss Schlossgarten II bewege sich im Rahmen der Zuständigkeit des Landtags, werde durch ein öffentliches Interesse an der Untersuchung gestützt und verletze nicht den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung. Im Übrigen könne nur die Regierung selbst diesen geschützten Raum der inneren Meinungs- und Willensbildung der Regierung verteidigen, nicht aber eine Fraktion, in diesem Fall die CDU-Fraktion. Dies auch dann, wenn die Regierung inzwischen gewechselt habe.

Gutachterin Cancik geht auch auf den von der CDU vorgetragenen Vorwurf ein, Grün-Rot instrumentalisiere den Ausschuss in der politischen Auseinandersetzung. Die Tatsache, dass mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses möglicherweise wahlkampftaktische und politische Zwecke verfolgt würden, lasse das Aufklärungsinteresse nicht entfallen. „Dieser Vorwurf löst keine verfassungsrechtlichen Folgen mit Blick auf den Untersuchungsausschuss Schlossgarten II aus“, schreibt die Professorin.

VGH legt Urteilsbegründung vor

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die jetzt vorliegende schriftliche Fassung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) zu den so genannten Mappus-Mails. Vor zwei Wochen hatte das Gericht entschieden, der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) habe Anspruch darauf, dass Sicherungskopien seines elektronischen Postfachs im Staatsministerium gelöscht werden. Die Richter argumentieren: Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten im Staatsministerium dem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen seien und die Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durften, „diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers“.

Zwar existiere ein für alle Ministerien geltender Erlass über den Umgang mit Akten, Dokumente und anderen Schriftzeugnissen („Anordnung Schriftgut, AnO“), doch entbehre dieser einer klaren Bestimmung zur Führung vollständiger Akten. Zudem enthalte er keine ausdrückliche Regelungen für E-Mails. Nach der Praxis im Staatsministerium bestimme jeder Nutzer selbst, welche Mails in seinem Postfach er ausdruckt, den Akten beifügt oder löscht. Allerdings verlange ein verfassungsgemäßer Verwaltungsvollzug, dass „das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln“ dokumentiert werden.

Zwar trug das Staatsministerium vor Gericht vor, Mappus habe verdächtig wenig Akten hinterlassen. Doch einen „offensichtlichen und schwer wiegenden Verstoß“ von Mappus gegen die Pflicht, Akten zu führen, konnten die Richter nicht erkennen. Das Staatsministerium ließ am Mittwoch noch offen, ob es gegen den VGH-Beschluss eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegt. Der VGH äußerte sich auch zur Frage des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung, blieb aber in verschiedene Richtungen interpretierbar.

Der Streit um die vergessenen Mails

Mappus-Mails Im Sommer 2012 entsann man sich im Staatsministerium der Sicherungskopien, die im Herbst 2010 vom elektronischen Postfach des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus angefertigt worden waren. Die Mails erschienen von Interesse, weil sie aus der Zeit des EnBW-Deals und des „Schwarzen Donnerstags“ stammten – und sich die Aktenlage sehr überschaubar gestaltete. Das Staatsministerium verlangte Einblick in die Mails, weil der Verdacht bestehe, dass wichtige Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.

Prozess Dagegen wehrte sich Mappus. Begründung: Es handle sich um private Dokumente. Der Verwaltungsgerichtshof gab ihm unter Verweis auf den restriktiven Datenschutz Recht. Allerdings müssen die Mails vor der finalen Löschung dem Landesarchiv angeboten werden.