Zwischen Bergen von Akten finden die Mitglieder des Untersuchungsausschusses auch brisante Gedächntnisprotokolle von Polizeiführern. Diese beziehen sich aber nicht auf den 30. September 2010, sondern auf den Abriss des Nordflügels Ende August 2010.

Stuttgart - Die juristische Aufarbeitung des Schwarzen Donnerstags ist das eine, die politische das andere. Die Landespolitik hat vor gut einem halben Jahr den bereits zweiten Versuch gestartet, diese Aufgabe zu meistern: Am 19. Dezember 2013 konstituierte sich der Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“. Vom 28. Oktober 2010 bis zum 25. Januar 2011 hatte sich schon einmal ein U-Ausschuss um Aufklärung bemüht. 63 Zeugen wurden vernommen, dazu zwei Sachverständige.

 

Am Ende standen 662 Seiten Abschlussbericht und der – mehrheitlich gefasste – Beschlussvorschlag, dass „es von Seiten der Politik keine direkte oder indirekte Einflussnahme auf die Polizei im Hinblick auf den Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten gegeben hat“.

Ausschussmitglieder müssen 50 000 Seiten lesen

Zweieinhalb Jahre und einen Regierungswechsel später sind bis dahin unbekannte Mails aufgetaucht, die die Frage aufwarfen, ob die damalige schwarz-gelbe Landesregierung die Polizei doch zum Einsatz gedrängt haben könnte. Weil diese Mails dem ersten Ausschuss nicht zugänglich waren, prüft der zweite jetzt auch, ob dadurch das Parlament in seinen Rechten verletzt worden sein könnte. Die elf Ausschussmitglieder, vier Christdemokraten, je drei von Grünen und SPD sowie ein Liberaler, wühlen sich durch Berge von Akten. Wohl 50 000 Seiten sollen sie durcharbeiten, zehnmal so viele wie ihre Kollegen des ersten Ausschusses.

Zwischen den Aktendeckeln fand sich Brisantes: Gedächtnisprotokolle von Polizeiführern, die nahelegen, dass die Regierung durchaus Druck auf die Polizei ausgeübt hat. Dabei geht es aber nicht um den 30. September, sondern um den Abriss des Bahnhof-Nordflügels Ende August 2010. In dem Zusammenhang wird der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus mit dem Satz zitiert: „Holt den Bagger rein!“

Der Ausschuss hat in bisher zwei öffentlichen Sitzungen Polizeiführer von damals als Zeugen gehört. Manche erinnerten sich, manche nicht. Entsprechend haben Regierung und Opposition – wenig überraschend – weit divergierende Deutungen des Zitats.