Mietpreisbremse und Zweckentfremdungsverbot: bei der Versammlung des Haus- und Grundbesitzervereins in Stuttgart hat der frühere Richter die Grenzen der Verfassung ausgelotet.

Stuttgart - Scharfe Kritik an der Wohnungspolitik von Bund, Land und der Stadt Stuttgart hat der Haus- und Grundbesitzerverein am Samstag bei seinem Mitgliedertreffen zum „Tag des Eigentums“ in der Liederhalle geäußert. Insbesondere richtete sich die Kritik des Stuttgarter Vereinsvorsitzenden Klaus Lang gegen die Mietpreisbremse und das von OB Fritz Kuhn (Grüne) vorgeschlagene Zweckentfremdungsverbot, das auf Leerstand hohe Strafen für Eigentümer vorsieht.

 

Der Hauptgeschäftsführer des Vereins, Kai H. Warnecke, kritisierte dies als „Politik mit der Pistole auf der Brust – das lehnen wir strikt ab“. Der Bundesregierung warf er vor, sie tue durch ihre Vorgaben, etwa zu energetischen Standards, zur Einsparung von CO2 sowie durch ihre Vorgaben zum Strom „alles dafür, dass Bauen und Wohnen in Deutschland teurer wird“. Prominente Unterstützung holte sich der Verein vom früheren Richter am Bundesverfassungsgericht Udo Di Fabio.

Di Fabio warnt vor zu starken Eingriffen in den Markt

Dieser räumte im restlos besetzten Hegelsaal zur Verblüffung der Eigentümer ein: „Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Grundeigentum besessen – mein Vermieter hat seit zwölf Jahren die Miete nicht erhöht.“ Doch dann erläuterte der Jurist in einem eleganten Bogen, weshalb zu starke Eingriffe in den Markt weder der Verfassung entsprächen noch den Staatslenkern nutzten, sondern im Gegenteil „brandgefährlich“ seien.

Schon zu Zeiten der Französischen Revolution habe Eigentum als zentrales Freiheitsrecht gegolten. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei es in die Defensive geraten, dann aber in Artikel 14 des Grundgesetzes eingebracht worden: „Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet“, heiße es darin. Natürlich verpflichte Eigentum auch, wie jede Freiheit, so Di Fabio. Das bedeute, es solle zugleich auch der Allgemeinheit dienen und vernünftig eingesetzt werden.

Jurist: Grundgesetz setzt auf Gestaltungsfreiheit

Doch was bedeutet das? Und wo sind die Grenzen dieser Freiheit? Die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen habe das Bundesverfassungsgericht 1985 „oberhalb von 30 Prozent“ als verhältnismäßig definiert. Ansonsten gelte aber: „Preise bilden sich aufgrund von Angebot und Nachfrage.“ Die gelenkte Marktwirtschaft sei jedenfalls „kein Konzept des Grundgesetzes“, sagte Di Fabio. Es sei „ordnungspolitisch ein Sündenfall“, wenn der Staat ins Preisgefüge eingreife. Doch dieser habe die Tendenz, von der sozialen in die gelenkte Marktwirtschaft abzugleiten – aber genau dies nehme der Politik Gestaltungsfreiheit und schwäche Europa. Mit Absicht vertraue das Grundgesetz mehr auf die Freiheit der Bürger als auf die Weisheit der Staatslenker.

Eine Zweiteilung des Rechts, etwa dahingehend, dass energetische Sanierung bei Flüchtlingsunterkünften nicht gelte, sei mit einem Rechtsstaat unvereinbar“, so Di Fabio. „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Die Bewältigung der Einwanderungskrise dürfe „nur in den Bahnen der Rechtsordnung“ erfolgen. Lenkungsmaßnahmen wie eine Beschlagnahmung von Grundeigentum könnten „brandgefährlich“ sein. Klaus Lang hatte das Zweckentfremdungsverbot und die nicht erfolgte vorherige Rücksprache des OB mit Haus und Grund politisch gewertet: Dies zeige „keinerlei Respekt und Wertschätzung“. Daran, so CDU-Mann Lang, „sollten wir uns bei den nächsten Wahlen erinnern“.