Das Geschäft mit Dienstleistungen rund um das Automobil wird für die Fahrzeugbauer immer wichtiger. Daimler macht mit der Übernahme des niederländischen Unternehmens Athlon nun beim Management von Fahrzeugflotten einen großen Schritt nach vorn.

Stuttgart - Der Autobauer Daimler baut sein Geschäft mit dem Management von Fahrzeugflotten deutlich aus. Die Stuttgarter übernehmen für 1,1 Milliarden Euro den Dienstleister Athlon Car Lease International, der bisher einer Tochter der niederländischen Rabobank gehört. „Damit erschließen wir uns neue Absatzpotenziale, sowohl für Fahrzeuge als auch für Mobilitätsangebote von Daimler“, begründete Daimler-Finanzvorstand Bodo Uebber den Zukauf.

 

Immer mehr Unternehmen lassen ihren Fuhrpark von externen Spezialisten betreuen. Die Angebotspalette reicht dabei von Finanzierung und Leasing über umfangreiche Serviceleistungen wie die Organisation und Abrechnung von Wartung und Reparaturen oder Tankkarten. Die Auftraggeber sparen sich damit die Verwaltungsarbeit. Zudem kümmern sich die Spezialisten auf Wunsch um das firmeninterne Car Sharing. „Firmen erwarten heute ein markenübergreifendes, flexibles Management von Mobilitätsbedürfnissen rund um ihren Fuhrpark“, erklärte Klaus Entenmann, der Chef der Finanzdienstleistungstochter von Daimler, unter deren Dach das Flottenmanagement der Stuttgarter angesiedelt ist. Athlon-Chef Frans Janssen sagte, dass mit Athlon und Daimler zwei starke innovative Marken zusammenkommen. „Von dem erweiterten Angebot werden unsere Kunden profitieren. Gemeinsam sind wir in der Lage, länderübergreifend ein besonders breites Dienstleistungsspektrum in Europa anzubieten“, sagte Janssen.

Das Fuhrpark-Management ist lukrativ für Autobauer

Aus der Sicht von Experten ist die Übernahme strategisch grundsätzlich sinnvoll. „Das Fuhrpark-Management ist ein großer Wachstumsmarkt“, sagte Willi Diez, der Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Geislingen. Für die meisten Firmen sei die Verwaltung der eigenen Dienstwagen zu aufwendig. „Für die Firmen gehört es nicht zum Kerngeschäft, also wird es ausgelagert“, sagte Diez. Dies sei auch sinnvoll, weil Autobauer dadurch den Absatz eigener Fahrzeuge ankurbeln können. BMW habe schon seit Jahren gezeigt, dass das Fuhrpark-Management lukrativ sei.

Bisher betreut Daimler rund 85 000 Personenwagen und Transporter in 13 europäischen Ländern. In den vergangenen fünf Jahren ist das Flottenmanagement von Daimler jährlich im Schnitt um zwölf Prozent gewachsen. 2015 legten die Stuttgarter nach eigenen Angaben im Segment mittlerer und großer Flotten um 20 Prozent zu – und damit doppelt so stark wie der Markt.

Daimler stellt sich nun ähnlich auf wie BMW

Athlon ist in diesem Bereich deutlich größer als Daimler. Das Unternehmen wurde 1916 als Reparaturwerkstatt in den Niederlanden gegründet und ist in elf europäischen Ländern vertreten. Die deutsche Tochter sitzt in Düsseldorf. Gemeinsam kommen Athlon und Daimler auf rund 340 000 Fahrzeuge. Der größte Markt werde künftig die Niederlande sein. Das Geschäft soll nach Angaben von Daimler künftig unter der Marke Athlon geführt werden. Der Milliardenübernahme müssen noch etliche Gremien und auch die Kartellwächter zustimmen. Der Abschluss der Übernahme wird bis zum vierten Quartal dieses Jahres erfolgen. Erst danach soll mitgeteilt werden, wie sich Daimler künftig in diesem Bereich aufstellen will. Die Zusammenlegung dürfte auch Rationalisierungspotenzial bringen. Ein Daimler-Sprecher stellte jedoch klar, dass die Bündelung des Geschäfts nicht zu einem Stellenabbau führen werde.

Daimler betreut bisher vor allem Kunden, deren Fuhrpark aus Wagen der Marken Mercedes-Benz und Smart bestehen. Weniger als zehn Prozent des Portfolios entfallen auf Marken von Wettbewerbern. Athlon verwaltet dagegen Fuhrparks einer großen Palette von Marken. Daimler verspricht sich nun, verstärkt mit Auftraggebern ins Geschäft zu kommen, die bisher auf Fremdmarken vertrauen. Ein Sprecher wies darauf hin, dass der Stuttgarter Autobauer bereits zwei Drittel der Wagen an gewerbliche Kunden verkauft und der Flottenmarkt in Deutschland nahezu doppelt so stark wachse wie der gesamte Pkw-Markt.

Ähnlich aufgestellt wie BMW

Daimler stellt sich beim Flottenmanagement nun ähnlich auf wie BMW. Der Münchner Konkurrent betreibt dieses Geschäft unter der neutralen Marke Alphabet und hat mit 600 000 Fahrzeugen einen deutlichen Vorsprung. Auch BMW hat diesen Bereich in den vergangenen Jahren mit Zukäufen gestärkt. Ende 2006 kamen die beiden Stuttgarter Unternehmen LHS Leasing und DSL Fleetservices hinzu, Ende 2011 kauften die Münchner ING Car Lease für 637 Millionen Euro.