Der Münchener Konkurrent Knorr-Bremse hat im Bieterwettstreit um den schwedischen Bremsenspezialisten die Nase vorn.

München - Das Ringen um den schwedischen Bremsenspezialisten Haldex ist offenbar zu Gunsten des Münchner Familienkonzerns Knorr-Bremse entschieden. Noch zählt der konkurrierende Zulieferkonzern ZF Friedrichshafen zwar aus, wie viele Haldex-Aktionäre genau das eigene Kaufangebot angenommen haben. „Aber es ist davon auszugehen, dass wir die angestrebten 50 Prozent der Haldex-Anteile nicht erreichen“, bestätigte ein ZF-Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung.

 

Für diesen Fall werde weder die Annahmefrist verlängert, noch das eigene Angebot aufgestockt, das Haldex mit gut 550 Millionen Euro bewertet, hatte ZF-Chef Stefan Sommer vorige Woche klargestellt. An dieser Position habe sich nichts geändert, heißt es in Friedrichshafen am Bodensee. Damit scheint nun der Weg frei für Knorr-Bremse. Die Münchner hatten mit insgesamt 580 Millionen Euro mehr für Haldex geboten und haben damit offenbar den Nerv der Aktionäre getroffen. Die Annahmefrist der Offerte von Knorr-Bremse läuft noch. Zuletzt war bekannt, dass die Münchner bislang rund 15 Prozent der Haldex-Anteile aufgekauft haben. Auf rund 22 Prozent kommt ZF. Aufstocken werden die Friedrichshafener nun aber nicht mehr. Ihr Kaufangebot stand unter dem Vorbehalt, auf mindestens die Hälfte der Haldex-Anteile zu kommen. Reicht es dazu nicht, was nun so gut wie sicher ist, werde keine angebotene Aktie übernommen, hatte Sommer betont.

Haldex-Management stand auf der Seite von ZF

Die sich abzeichnende ZF-Niederlage kommt überraschend, denn das Haldex-Management hatte sich zuletzt demonstrativ auf die Seite der Friedrichshafener gestellt. Nachdem sich der Wind nun gedreht hat, ist ZF bereit, mit den Haldex-Anteilseignern zu sprechen, um das Beste für die Schweden zu erreichen und gleichzeitig die eigenen Interessen zu wahren, ist aus Konzernchef Sommers Umfeld zu hören. Übersetzt heißt das, ZF hat kein strategisches Interesse an Haldex mehr und ist zum Verkauf der eigenen Anteile an Knorr-Bremse bereit, wenn der Preis stimmt.

Um die Schweden war ein Bieterwettkampf entbrannt, weil sie ein technologisches Kernelement für autonom fahrende Lkw der Zukunft zu bieten haben. Die gelten als neues Zugpferd der Nutzfahrzeugbranche, weil sie zumindest auf Autobahnen keinen Fahrer mehr benötigen und so die Betriebskosten von Lastwagen drastisch senken können. Haldex fertigt Lkw-Bremsen, die bei selbstfahrenden Lkw ein denkendes Gesamtbremssystem über Zugmaschine und Anhänger hinweg benötigen. Das hat Haldex. Der drittgrößte deutsche Kfz-Zulieferer ZF mit seinen 29 Milliarden Euro Jahresumsatz und 135 000 Beschäftigten wäre mit den Schweden neu in dieses Segment eingestiegen, während Knorr-Bremse (knapp neun Milliarden Euro Umsatz, 24 000 Beschäftigte) bereits als Weltmarktführer bei Lkw-Bremsen gilt. Aber das erforderliche Gesamtsystem haben auch die Münchner noch nicht. Mit Haldex sieht das anders aus.

Wenn der Weltmarktführer einen technologisch führenden Konkurrenten mit einer halben Milliarde Euro Jahresumsatz übernimmt, dürfte das aber die Kartellwächter auf den Plan rufen. Für einen solchen Fall hat Firmenpatriarch Heinz Hermann Thiele signalisieren lassen, zu Zugeständnissen bereit zu sein. Knorr-Bremse wird sich also notfalls von Geschäften trennen, um Haldex kaufen zu dürfen. ZF hatte dagegen bereits alle Kartellfreigaben für eine Haldex-Übernahme in der Tasche. Das ist nun freilich gegenstandslos geworden.