Der Deutsche Beamtenbund ist tief in einen Konflikt um seine Ausrichtung verstrickt. Anlass ist die Wahl des neuen Vorsitzenden im November. Alles schien auf Ulrich Silberbach hinauszulaufen. Doch der hat nun einen Gegner, der gerade von Beamtenvertretern getragen wird.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Beamtenbund (DBB) zeigt sich in internen Angelegenheiten gerne hochseriös. Personalia werden lieber ohne offenen Streit gelöst. Nun ist ein veritabler Machtkampf ausgebrochen. Mitte November will der Vize der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ernst G. Walter, zum DBB-Vorsitzenden gewählt werden. Seine Kandidatur hat der 58-jährige Bundespolizei-Vertreter am Montag vor dem Bundeshauptvorstand in Bad Breisig angemeldet. Walter will dem Favoriten Ulrich Silberbach, Chef der Komba-Gewerkschaft, Paroli bieten – und übt dabei Fundamentalkritik.

 

Ein „Weiter so“, werde es mit ihm nicht geben. „Wir müssen die Vorteile des Berufsbeamtentums und des gesamten öffentlichen Dienstes offensiver nach vorne bringen.“ Dies sei in den vergangenen fünf Jahren zu kurz gekommen. Die „Markenkompetenz“ sei ein Stück weit verloren gegangen. „Wir müssen uns in Politik und Öffentlichkeit stärker aufstellen und dürfen uns nicht in der Verteidigungshaltung abducken“, fordert der Rheinländer. Das Beamtentum solle zumindest in den Kernbereichen wieder als das dargestellt werden, was es tatsächlich sei: „als Rückgrat des Staates“.

Ehrenvorsitzender Heesen führt Silberbach-Gegner an

Lange nicht mehr ist die Obrigkeit im Beamtenbund so offen angegangen worden. DBB-Vorsitzender Klaus Dauderstädt ist ein Vertreter des Tarifbereichs – Silberbach wäre der nächste. Folglich hat Walter seinen Rückhalt im Beamtenbereich, wo viele nicht schon wieder einen Angestellten an der Spitze sehen wollen. Der Ehrenvorsitzende Peter Heesen führt diese Phalanx an. Schriftlich hat er gemahnt, dass der DBB für seine Durchsetzungsfähigkeit und als Symbolfigur einen Beamten als Chef bräuchte. Heesen hatte einst den Tarifbereich im Beamtenbund hoffähig gemacht und dazu 2007 ein Bündnis mit Verdi auf den Weg gebracht. Nun könnte die Dienstleistungsgewerkschaft die Kooperation in den Tarifrunden aufkündigen, wenn „ausgerechnet ein Komba-Vorsitzender“, der vormals die Rivalität gepflegt hat, mit Verdi am Verhandlungstisch sitzen wolle. Dann ginge es um die Zukunft des DBB, sorgt sich Heesen. Silberbach soll sich heftig gegen die Einmischung zur Wehr gesetzt haben.

Doch auch standesbewusste Baden-Württemberger wie der frühere Landeschef Horst Bäuerle werben für eine Alternative, weil sie das Berufsbeamtentum im DBB an den Rand gedrängt sehen. Aus Südwestsicht wäre der frühere Stuttgarter Finanzamtsleiter Thomas Eigenthaler (Steuergewerkschaft) eine gute Alternative gewesen, doch der will nicht. Derweil hält sich Landesbundchef Volker Stich mit einer Bewertung der Kampfkandidatur zurück: „Ob das Argument der Herkunft aus dem Tarif- oder Beamtenbereich die Delegierten stark beeinflussen wird, lässt sich schwer vorhersagen.“

Polizeigewerkschafter Wendt taktiert

Von einer Einigung der fünf größten Organisationen im DBB („Big Five“) auf Silberbach war schon die Rede, was Walter als „Nullnummer“ abtut. „Vielen gehen diese Strippenziehereien auf die Nerven“, moniert er. Seine Bewerbung könne einen Neubeginn einleiten, „innerhalb des DBB mehr Transparenz und Offenheit reinzubringen“. Seine Wahlchancen sieht Walter bei „50 zu 50“. Dies sei eine gute Ausgangsposition nach so kurzer Zeit. Auch hätten ihm zwölf von 16 Landeschefs der Polizeigewerkschaft Unterstützung zugesagt, nicht jedoch deren Vorsitzender Rainer Wendt. Dieser hatte einst Ambitionen auf einen DBB-Vizeposten, nun laufen gegen ihn Ermittlungsverfahren wegen der Gehälteraffäre in NRW. Der DPolG-Vorstand verzichtete auf eine Abstimmung. Sie hätte auch gegen Walter ausgehen können, was als offizielles Signal verhindert werden sollte.