Ein Stuttgarter Fuhrunternehmer hat auf eigene Faust Jagd auf Reifenstecher gemacht, die an seinen Fahrzeugen einen hohen Schaden verursachten. Dafür hat er eine Überwachungskamera im Roseinsteinpark installiert. Das kam gar nicht gut an.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Technisierung macht auch vor der Fauna nicht halt, zumindest was die Beobachtung der Geschöpfe in Feld und Flur angeht. Doch statt bei Wind und Wetter mit der Kamera in den Ansitz zu gehen, bedient sich der Tierfreund von heute moderner Mittel. Wildkamera heißt das Gerät, das Bilder und Videosequenzen liefert, sobald das Tierchen eine Lichtschranke auslöst. Vorteil: dem Beobachter bleiben kalte Füße oder nasse Haare erspart. Ein solches Gerät ist dieser Tage im Rosensteinpark aufgetaucht – und hat für erheblichen Wirbel gesorgt.

 

Die Kamera hing an einem Baum am Rande des Parks. Allerdings ließ die Ausrichtung des Objektivs kaum vermuten, dass es dem Besitzer um Fuchs und Hase ging. Vielmehr zeigte das Gerät in Richtung der Laderampe beim gegenüberliegenden Gebäude der Deutschen Post.

Wilhelma-Mitarbeiter haben die Kamera entdeckt

Mitarbeitern der Wilhelma war die Kamera bei der Gehölzpflege im Rosensteinpark aufgefallen, um den sich der Zoo kümmert. Und da sie kaum zur natürlichen Vegetation gezählt werden kann, machten sich die Fachleute des Zoos an die Demontage. Doch kaum hielten sie die Kamera in den Händen, waren sie diese auch schon wieder los. Ein Mann sei aus dem gegenüberliegenden Gebäude gekommen, habe die Kamera als sein Eigentum reklamiert, sie an sich genommen und sei seiner Wege gegangen.

So beschreibt Manuela Schenk von der Pressestelle der Wilhelma den Vorgang, über den sie ihre Kollegen informiert hatten. Auch die Wilhelma setzt gelegentlich auf ihrem Gelände solche Geräte zur Tierbeobachtung ein. Schilder wiesen dann die Besucher auf die Kamera hin, zudem werde der Einsatz im Vorfeld immer mit dem Personalrat abgestimmt. Schließlich geraten ja nicht nur die Tiere sondern womöglich auch deren Pfleger in das Blickfeld des Aufnahmegeräts. „Von uns jedenfalls war die Kamera an der Ehmannstraße nicht“, gibt Schenk zu Protokoll.

Die Post ist nicht amüsiert

Ein Satz, den fast wortgleich auch Hugo Gimber sagt. Er ist Pressesprecher der Post in Stuttgart – und keinesfalls amüsiert über Vorgang. „Wir wollen wissen, was es damit auf sich hat“. Zu diesem Zweck hat der interne Ermittlungsdienst der Post mit den Wilhelma-Mitarbeitern Kontakt aufgenommen. Die Postermittler haben dank einer detaillierten Personenbeschreibung den Mann ausfindig machen können, der die Kamera an sich genommen hat.

Offensichtlich war das ein Akt der Verzweiflung. Der Mann ist Fuhrunternehmer und stellt regelmäßig seinen Lastwagen an der genannten Stelle ab. In jüngster Vergangenheit seien immer wieder die Reifen an seinem Fahrzeug zerstochen worden. Kostenpunkt: 15 000 Euro. Das sind die Ermittlungsergebnisse, die Hugo Gimber weitergibt. Dem Postsprecher ist die Erleichterung darüber anzuhören, dass die Ausspähung mittels Kamera nicht den Kollgen gegolten hat.

Der Datenschutz verbietet solche Aktionen

Was nach einer Posse im Grünen klingt, hat einen durchaus ernsthaften Hintergrund. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat die so genannten Wildkameras in Wäldern in seinem Tätigkeitsbericht einen ganzen Absatz gewidmet. Nach Einschätzungen des Fachmanns sind sie „als Videoüberwachungsanlagen zu qualifizieren“ über deren Einsatz Paragraf 6 b des Bundesdatenschutzgesetz unter der Überschrift „Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen“ Auskunft gibt.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, die Kameras seien „in der Regel unzulässig“. Zum konkreten Fall an der Ehmannstraße könne die Behörde allerdings keine Auskünfte geben, da keine Beschwerden bei ihr eingegangen seien. „Und wir können nur tätig werden, wenn wir den Besitzer der Kamera kennen“, erklärt Sabine Stollhof, Juristin beim Landesbeauftragten für Datenschutz Baden-Württemberg.