Wer glaubt im Freibad braucht es keine Uhr, der irrt. Und zwar gewaltig.

Stuttgart - Der Tod kam aus der Luft. Mutmaßlich ein Blitzschlag zu Beginn der vergangenen Woche beendete um exakt 19.50 Uhr die Existenz der Mutter aller Uhren und stürzt seither Legionen Freibadgänger im Vaihinger Rosental in seelische Bedrängnis. Seit Mitte der 80er Jahre zeigten die drei Zifferblätter in ihrem blauen Ständer dem gesamten Bad, was die Stunde geschlagen hat. Viele Schwimmer freuten sich wie Bolle, wenn sie ihre 20 Bahnen ein paar Sekunden schneller schafften und als der Sekundenzeiger vor einigen Jahren schlapp machte, steigerte man sich halt um Minuten. Außerdem diente der oft ein wenig nachgehende Zeitmesser vielen abhängig Beschäftigten und Schulkindern als Ausrede fürs Zuspätkommen. Im spärlichen Schatten der Zifferblätter wurden schon vor Urzeiten bei Softeis, kätschigen Pommes und Sonnenbrand Verbindungen geknüpft, die heute nicht selten Enkel tragen.

 

Vermutlich ist ein Blitz eingeschlagen

Und jetzt das: Die Hauptuhr im Hallenbad hat am Abend des ersten Augusttages einen letalen Schlag abbekommen, vermutlich ein Blitz. Jetzt ist das Ding unrettbar kaputt und steuert somit auch die drei Außenuhren nicht mehr. Als Folge irren die braven Schwimmer zeit- und hoffnungslos durchs Wasser, starren verstört auf die abgeklebten Zifferblätter oder stürzen sich verzweifelt mit Armbanduhren ins blitzende Blau und ruinieren dabei ihre Lederarmbänder oder die Haut von anderen bei Feindberührung. Wer ums Becken herum mit Uhr angetroffen wird, muss unentwegt Auskunft geben. Die Schwimmmeister kommen sich vor wie die alte Zeitansage auf 119 und haben als Abhilfe eine private Wanduhr an einem Masten aufgehängt. Aber die ist doch ziemlich klein. Am Ende steht die tiefe Einsicht – ein Schwimmbad ohne Uhr ist wie die Kehrwoche am Montag. Undenkbar! Aber Hoffnung ist in Sicht. Möglicherweise noch in dieser Woche wollen sich Spezialisten den Fall ansehen. Ja, bitte – und Danke im Voraus.