Dem neuen ukrainischen Kabinett sollen auch Politiker aus Lettland und Georgien angehören. Präsident Petro Poroschenko will so gegen Filz und Nepotismus vorgehen. Seine Idee stößt nicht überall auf Begeisterung.

Kiew - Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will mit seinem Reformprogramm neue Wege gehen. In einer 40-minütigen Rede vor dem neugewählten Parlament teilte er mit, auch ausländische Experten sollten Ministerposten in der neue Regierung erhalten. Damit überraschte er nicht nur die meisten Abgeordneten und Ukrainer gleichermaßen.

 

Die Vorbehalte in der Gesellschaft sind groß.   Das Führungsduo Poroschenko und Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk will vor allem jene Posten mit Spezialisten besetzen, die sich in den vergangenen Jahren als nahezu reformresistent erwiesen haben. Dazu zählen die Ministerien für Energie, Finanzen und Infrastruktur, das Innenministerium sowie das für Europäische Integration.   Ein Vertrauter Poroschenkos, der Abgeordnete Nikolai Tomenko, sagte der Tageszeitung „Segodna“, dass fünf Experten aus verschiedenen baltischen Staaten, unter anderem aus Lettland, sowie Spezialisten aus Georgien, dem neue Kabinett angehören sollten.

Fachleute, die keine Rücksicht nehmen müssen

  Diese Länder seien wie die Ukraine frühere Sowjetrepubliken und hätten in den vergangenen zehn bis 15 Jahren „ihre Verwaltung komplett umgekrempelt und die Korruption erfolgreich bekämpft“, so Tomenko. Poroschenko nahm in seiner Rede kein Blatt vor den Mund, als er beschrieb, warum er sich zu diesem Schritt entschieden habe. „Wir brauchen Fachleute, die sich die Lage ungeschönt anschauen und ohne Scheu handeln können. Leute, die keine Rücksicht auf frühere Arbeitskollegen oder spätere Karrierechancen haben müssen“, so das Staatsoberhaupt.

  Die Reform der maroden ukrainischen Infrastruktur soll ein Experte aus Lettland übernehmen. Die neue Innenministerin könnte die Georgierin Eka Zguladze werden, von 2006 bis 2012 war sie stellvertretende Innenministerin ihres Landes. Der frühere georgische Justizminister Surab Adeischwili soll eine Behörde zur Bekämpfung der Korruption aufbauen.  

Nicht überall findet die Idee gefallen

Doch die Vorschläge stoßen in der Ukraine auf ein geteiltes Echo. Der Politologe Vadim Karasew sprach sich gegen die Entsendung ausländischer Experten in das Kabinett aus. „Der Aufwand lohnt nicht, die Verfassung müsste verändert werden, und die Bevölkerung steht so einem Vorhaben mehr als skeptisch gegenüber“, sagte er im ukrainischen Fernsehen.   Auch bei der sonst pro-westlichen Internetzeitung „Ukrainska Prawda“ findet Poroschenkos Idee keinen Gefallen. Das Blatt schreibt: „Ein Minister sollte kein Ausländer sein.“ Untermauert wird diese Aussage von dem früheren slowakischen Finanzminister Iwan Mikloš. Der als neo-liberal geltende Politiker hatte seinem Land vor zehn Jahren eine wirtschafts- und sozialpolitische Rosskur verordnet. Mikloš sieht es als Gefahr an, ausländischen Experten die Verantwortung für tiefgreifende Einschnitte und Umstrukturierungen zu überlassen. „Das muss ein Land schon selber wollen und selber machen“, sagt er .

  In den sozialen Netzwerken wird das Thema ebenfalls heftig diskutiert. Vor allem jüngere Menschen mögen Poroschenkos Idee. Wenn Experten nicht im Land zu finden seien, solle die Politik handeln, wie es in der globalen Wirtschaft heutzutage längst überall üblich sei, heißt es.