Die Waffenruhe in der Ukraine droht zu scheitern. Dennoch beteuert der russische Präsident Putin bei seinem Besuch in Ungarn seinen Friedenswillen – und findet die Kämpfe um die Stadt Debalzewo „vorhersehbar und verständlich“.

Debalzewo/Budapest - Trotz heftiger Angriffe der von Russland aus unterstützten Separatisten in der Ostukraine hat Kremlchef Wladimir Putin seinen Friedenswillen bekräftigt. Für die Lösung des Ukraine-Konflikts könne es „keine militärische Lösung“ geben, sagte er am Dienstag bei einem Ungarn-Besuch in Budapest. Zugleich machte er die Einhaltung der in Minsk unter Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbarten Waffenruhe in dem umkämpften Ort Debalzewo faktisch von einer Kapitulation der ukrainischen Verbände abhängig. „Die ukrainischen Offiziellen sollten ihre Soldaten nicht daran hindern, die Waffen niederzulegen“, sagte er. Dann würde die Waffenruhe auch Bestand haben. In New York forderte der UN-Sicherheitsrat einstimmig die sofortige Einhaltung der Waffenruhe.

 

Putin versuchte, die trotz der vereinbarten Waffenruhe schweren Kämpfe um die als Eisenbahnknotenpunkt wichtige Stadt Debalzewo in der Ostukraine weniger dramatisch erscheinen zu lassen. Die Kämpfe seien von Anfang an absehbar gewesen. Insgesamt hätten die Kämpfe in der Ostukraine aber nachgelassen. Dem Westen warf Putin vor, der Ukraine bereits Waffen zu liefern. Russland verfüge über entsprechende Informationen. Aus Russland gelangen nach westlichen Angaben schon lange große Mengen an Kriegsgerät zu den Separatisten.

Bei erbitterten Gefechten konnten die prorussischen Separatisten Debalzewo weitgehend eingenommen. Damit gab es wenige Tage nach dem Minsker Gipfel nur noch wenig Hoffnung auf baldigen Frieden in der Kriegsregion. „Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir den Ort völlig unter Kontrolle“, sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin am Dienstag. Er sprach von „zahlreichen Gefangenen und vielen Toten“.

UN-Resolution ruft zur Einhaltung der Waffenruhe auf

Die Militärführung in Kiew sagte, die Truppen in Debalzewo leisteten weiter Widerstand. Die Aufständischen setzten Artillerie und Panzertechnik ein. Die Gefechte gelten als massiver Verstoß gegen das Friedensabkommen, das in der vergangenen Woche bei Verhandlungen mit Merkel und Kremlchef Wladimir Putin in der weißrussischen Hauptstadt Minsk geschlossen worden war. Demnach sollten die Konfliktparteien eigentlich ihre schweren Waffen aus dem Donbass abziehen.

„Es gibt vonseiten der Aufständischen keine wirkliche Waffenruhe, deshalb sind die Voraussetzungen (für einen Abzug) nicht gegeben“, sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko in Kiew. Die Armee sei weiter bereit zur Bildung einer Pufferzone. „Unsere Stellungen werden aber wiederholt unter Feuer genommen“, beklagte er. Separatistenführer Alexander Sachartschenko behauptete, der Vormarsch in Debalzewo widerspreche nicht dem Minsker Abkommen. Bei den Gefechten um Debalzewo wurde er Berichten zufolge am Bein leicht verletzt.

Nach der Gewalteskalation forderte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die internationale Gemeinschaft auf, alles für eine Umsetzung des Minsker Abkommens zu tun. Auch der UN-Sicherheitsrat rief alle Seiten des Konflikts auf, die Ergebnisse des Minsker Gipfels zu respektieren und umsetzen, hieß es in einer von den 15 Mitgliedern am Dienstag in New York einstimmig verabschiedeten Resolution. Russland hatte den Entwurf eingebracht.

OSZE-Beobachter werden behindert

Westliche Diplomaten werteten die Verabschiedung als Erfolg, weil sich der Sicherheitsrat darin erstmals ausdrücklich zu den Ergebnissen des Minsker Gipfels bekennt. Aber sie äußerten auch Skepsis. „Vereinbarungen hat es vorher schon gegeben“, warnte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant. „Diesmal müssen Taten folgen.“

Noch vor der Einnahme von Debalzewo hatte Merkel bei einem Telefonat mit Poroschenko und Putin „konkrete Schritte“ besprochen, um eine Beobachtung der Lage in Debalzewo durch die OSZE zu ermöglichen. Militärsprecher Lyssenko beklagte aber eine massive Behinderung der OSZE im Krisengebiet. Beobachter der Organisation seien erneut nicht in die Kampfzone gelassen worden. OSZE-Missionschef Ertugrul Apakan sagte, außer bei Debalzewo halte die Waffenruhe weitgehend.