Das Treffen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Pendant Petro Poroschenko in Minsk bringt kaum Fortschritte. Stattdessen nehmen die Grenzübertritte russischer Soldaten zu und befeuern die Konfrontation.

Moskau - Russland hat nach Angaben der Regierung in Kiew eine Militärkolonne aus über 100 Fahrzeugen in die umkämpfte Ostukraine geschickt. Die Fahrzeuge seien unter russischer Flagge im Donezker Gebiet unterwegs, teilte ein Armeesprecher der prowestlichen Regierung der Ukraine mit. Kiew hat in der Vergangenheit schon häufiger von eingedrungenen Militärkonvois aus Russland gesprochen, dafür aber keine Beweise vorgelegt.

 

Panzer, Truppentransporter und Grad-Raketenwerfer befänden sich auf dem Weg in die Ortschaft Telmanowe, so die ukrainische Armee. Die Fahrzeuge seien mit einem Dreieck oder einem weißen Kreis markiert. Telmanowe liegt 80 Kilometer südlich der Separatistenhochburg Donezk und 20 Kilometer von der Grenze entfernt.

Willen zur friedlichen Lösung – immerhin

Am Dienstag hatten die Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, bei einem Treffen in Minsk noch ihren Willen zu einer friedlichen Lösung des Konflikts bekräftigt. Als „positiv“ und „nützlich“ bewertete Putin die Verhandlungen mit Poroschenko. Demnach sei vereinbart worden, die Konsultationen einer trilateralen Arbeitsgruppe Russland-Ukraine-EU zu intensivieren. Diese soll bis zum 12. September Vorschläge zur künftigen Ausgestaltung der bilateralen Handelsbeziehungen erarbeiten.

Auch über die Wiederaufnahme der Konsultationen im Energiebereich, die sich nach Putins Worten in einer Sackgasse befinden, verständigten sich die beiden Staatschefs. Weil die Ukraine bei Russland tief in der Kreide steht und nicht zu Vorkasse bei Gaslieferungen willens und in der Lage ist, drehte Moskau im Juni den Hahn zu. Kiew drohte daraufhin mit Boykott für den Transit russischer Lieferungen nach Europa. Über die Ukraine laufen nach wie vor rund 50 Prozent aller russischen Gasexporte in die EU. Am Freitag will EU-Energiekommissar Günter Oettinger in Moskau Auswege aus dem Dilemma sondieren.

Fallschirmjäger gestehen Grenzübertritt

Über Bedingungen für eine Feuereinstellung in der Ostukraine wurde „substanziell nicht gesprochen“, wie Putin sich ausdrückte. Er betonte nochmals, dass die Krise ohne Berücksichtigung der Lebensinteressen der südöstlichen Regionen nicht beigelegt werden kann. Bei dem „dringend nötigen Verhandlungsprozess“ könne Russland nur eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen. Der Konflikt selbst sei eine innerukrainische Angelegenheit.

Kiew und der Westen werfen Russland unabhängig von dem neuen Zwischenfall vor, die prorussischen Separatisten nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Soldaten zu unterstützen. Kritische Medien und das Komitee der Soldatenmütter berichten von Dutzenden Verwundeten, die abgeschirmt in Krankenhäusern mehrerer zentralrussischer Regionen gepflegt werden. Auch sollen bereits mindestens neun Fallschirmjäger in der Ostukraine gefallen sein. Zwei davon seien in Pskow in Nordwestrussland beigesetzt worden. Bei der Trauerfeier waren nur engste Angehörige zugelassen und zum Schweigen verpflichtet worden. Journalisten, die vor Ort recherchierten, gaben an, kräftig gebaute   junge Männer hätten ihnen geraten, den Sechs-Uhr-Zug zurück nach Moskau zu nehmen, andernfalls würde man sie in „den Sümpfen ersäufen“.

Zehn weitere Fallschirmjäger wurden Montag im Gebiet Donezk gefasst. Sie hätten die Grenze beim Streifengang versehentlich überschritten, hieß es in einer Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums. Was Fallschirmjäger auf Streifengang beim Grenzschutz zu suchen haben, der dem Geheimdienst untersteht, blieb offen. Kameraden, die nur ihre Vornamen nannten, sagten in einem Interview mit Radio Echo Moskau, ihre Einheiten seien überraschend aus Zentralrussland an die ukrainische Grenze verlegt, die Kennzeichen ihrer Fahrzeuge zuvor übermalt worden. Das genaue Einsatzziel habe man ihnen nicht genannt, auch hätten ihnen Offiziere die Papiere abgenommen.