In der Ukraine-Krise wird der Ton zwischen Russland und dem Westen immer rauer. Kremlchef Wladimir Putin droht jetzt unverhohlen mit einer Drosselung der Erdgas-Lieferungen.

Washington/Moskau - Die USA werfen Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine-Krise vor, Gaslieferungen als Machtmittel missbrauchen zu wollen. „Wir verurteilen die russischen Versuche, Energie als ein Zwangsmittel gegen die Ukraine zu nutzen“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Washington, Jen Psaki. Ähnlich äußerte sich das Weiße Haus. Es sei „völlig unangemessen, Energieexporte einzusetzen, um diplomatische oder geopolitische Ziele zu erreichen“, sagte Regierungssprecher Jay Carney am Donnerstag. Dies habe man gegenüber Moskau deutlich gemacht.

 

Putin hatte der Ukraine am Donnerstag so deutlich wie nie zuvor mit einer Drosselung der Erdgas-Lieferungen gedroht. Dies könne dazu führen, dass auch die Versorgung Europas beeinträchtigt werde, schrieb Putin in einem Brief an europäische Regierungschefs, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel. In dem Brief an 18 Länder kündigte er an, dass die Lieferungen an die Ukraine wegen hoher Zahlungsrückstände mit sofortiger Wirkung auf Vorkasse umgestellt würden.

Er sei sich bewusst, das dies eine „extreme Maßnahme“ sei. Denn es bestehe das Risiko, dass die Ukraine für den Herbst und Winter nicht mehr ausreichend Gas erhalten könne. Zudem könnte es sein, dass die Ukraine deshalb Gas abzapfen werde, das eigentlich für die westeuropäischen Kunden vorgesehen sei. Die EU bezieht ein Viertel ihres Erdgases aus Russland, davon fast 40 Prozent über die Ukraine.

Putin wirft Westen fehlende Hilfe für Ukraine vor

Der russische Präsident verwies darauf, dass sein Land die ukrainische Wirtschaft „durch Rabatte bei den Gaspreisen in den vergangenen vier Jahren mit insgesamt 35,4 Milliarden Dollar subventioniert“ habe. Moskau habe der Ukraine im vergangenen Dezember außerdem einen Kredit von drei Milliarden Dollar gewährt. Dagegen hätten sich die Europäer bislang mit „Absichtserklärungen“ hervorgetan.

Russland und die „europäischen Partner“ sollten „auf Augenhöhe“ zusammenarbeiten, um die Wirtschaftsprobleme der Ukraine in den Griff zu bekommen, heißt es in dem Brief weiter. Russland sei „bereit, sich an der Stabilisierung und Wiederherstellung der ukrainischen Wirtschaft zu beteiligen“. Es müssten „unverzüglich Beratungen auf Ebene der Wirtschafts-, Finanz- und Energieminister“ aufgenommen werden, „um die Lieferungen und den Transit des russischen Gases bei strikter Beachtung der Vertragsbedingungen sicherzustellen“.

Vor kurzem hatte Moskau Kiew die letzten Rabatte für Gaslieferungen gestrichen. Die ukrainische Übergangsregierung akzeptiert den Schritt aber nicht. Inzwischen steht das pleitebedrohte Land mit 2,2 Milliarden Dollar bei Russland in der Kreide.

Ungarn erklärte sich bereit, notfalls „jederzeit“ Erdgas an den östlichen Nachbarn Ukraine zu liefern. Die technischen Möglichkeiten dafür seien gegeben, sagte Ungarns Außenminister Janos Martonyi am Donnerstagabend nach einem Treffen mit dem ukrainischen Vizeaußenminister Danilo Lubkiwski in Budapest. Ungarn bezieht seinerseits 80 Prozent des Gasbedarfs aus Russland.