Nach internationalen Protesten verspricht die Ukraine, herrenlose Hunde in Tierheimen zu versorgen, statt sie massenhaft zu töten.

Kiew - Es wäre eigentlich ein schöner Garten direkt am malerischen Schwarzen Meer, doch wer in Odessa im Schewtschenko-Park spazieren ging, musste sich jahrelang vor aggressiven Straßenkötern hüten. "Passen Sie nach Einbruch der Dunkelheit auf", hieß es im Hotel. Viele Hunde seien weit gefährlicher als Menschen. Ausgerechnet bei der Bauruine des Fußballstadions hatten sie sich breitgemacht, aber auch bei der berühmten Potemkin-Treppe lungerten sie herum. Vor einem Jahr war damit plötzlich Schluss. Die Tiere waren wie weggezaubert.

 

Die Hunde wurden offenbar von den Behörden massenweise vergiftet oder erschossen. Einzelne Stadtverwaltungen sollen sogar Kopfgelder ausgeschrieben haben. Dies berichteten ausgerechnet vor dem Länderspiel Ukraine - Deutschland internationale Tierschutzorganisationen. Der Skandal war perfekt. Demnach sind in den vergangen zwei Jahren in der Ukraine Tausende von Straßenhunden getötet oder sogar lebend in mobile Krematorien geworfen worden. Das deutsche Fernsehen zeigte schauerlicher Bilder. Vor allem die Boulevardpresse stürzte sich auf die unhaltbaren Zustände. "Das ist ekelhaft und unangemessen", schrieb die französische Schauspielerin und Tierschützerin Brigitte Bardot in einem offenen Brief an den ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch.

In Odessa wird zwar während der EM 2012 gar nicht gespielt, aber die Stadt ist einer der touristischen Höhepunkte des Landes. Deshalb hofft man auf regen Besuch jener Fans, die neben Fußball auch Kultur und Strände mögen. Odessa soll sich also von seiner besten Seite zeigen. Und Straßenhunde haben da keinen Platz.

Umweltministerium zieht Notbremse

"Es war schrecklich, doch was sollte die Stadtverwaltung denn machen?", sagt die Einheimische Irena K., empört und ratlos zugleich am Telefon. Inzwischen hat das für die landesweiten Massentötungen zuständige Umweltministerium die Notbremse gezogen und alle Gemeinden im Land aufgefordert, die Vergiftungen einzustellen. Stattdessen sollen die Verwaltungen Tierheime für die Vierbeiner bauen. Außerdem hat die Regierung in Kiew härtere Strafen gegen Tierquäler angekündigt. Wer Hunde töte, müsse bestraft werden, forderte der Ministerpräsident Mykola Azarow. "Das Strafmaß wird deutlich verschärft", sagte Azarow gegenüber der Presseagentur Interfax-Ukraina. In der Hauptstadt wurde inzwischen ein junger Mann verhaftet, der 100 Hunde aufgeschlitzt haben soll. Neben umgerechnet 72 Euro Strafe - viel Geld in der Ukraine - drohen ihm sechs Monate Gefängnis.

Als Erstes beginnen die ukrainischen Behörden nun damit, die Straßenhunde zu zählen. Die Zahlen sollen Auskunft darüber geben, wie groß der Bedarf an Tierheimplätzen und Sterilisierungsmedikamenten ist. Sollten die herrenlosen Vierbeiner dann tatsächlich sterilisiert werden, wäre das ein großer Erfolg für die Tierschützer, die dies schon seit Jahren fordern. Allerdings wird in der Ukraine viel in die Mikrofone der Medienvertreter diktiert - die Praxis sieht oft ganz anders aus.

Aktionen und Reaktionen

Uefa: Der europäische Fußballverband Uefa begrüßt die von der ukrainischen Regierung beschlossenen Maßnahmen und fordert, sie vor der EM im Juni und Juli 2012 genau umzusetzen. Der Verband werde dies kontrollieren.

Aktivisten: Auf Facebook (Stop killing dogs – Euro 2012 in Ukraine) und anderen Seiten im Netz machen Tierschützer gegen die Massentötungen von Hunden weiter mobil. Prominente Unterstützerin ist die Sängerin Nina Hagen. StZ Mehr zum Protest unter www.em-2012-ohne-tiermassaker.de