Unbekannte Wohltäter vertrauen der Ulmer Caritas vier Millionen Euro an.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Drei Geschwister, in den 60er Jahren aus Ulm ausgewandert und in Südamerika lebend, wollen Kindern in ihrer alten Heimat Gutes tun. Das hat jetzt der Ulmer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Jörg Waiblinger berichtet. Die katholischen Familienmitglieder, die anonym bleiben wollen, haben 2013 über den Kontakt Waiblinger vier Millionen Euro in eine Kinderstiftung eingebracht, die von der Caritas treuhänderisch verwaltet wird. Die Stiftung, sagt der Steuerberater, sei jedoch nicht konfessionsgebunden – es würden in Zukunft keineswegs nur katholische Sozialeinrichtungen bevorzugt. Die württembergische Caritas steuerte weitere 100 000 Euro zum Stiftungsvermögen bei, ebenso der bayerische Ableger in Günzburg.

 

Die neue Stiftung will bald ein eigenes „großes Projekt“ entwickeln, sagte die Geschäftsführerin Alexandra Stork, im Hauptberuf Regionalleiterin der Caritas Ulm. Über Gedankenansätze sei man noch nicht hinaus. „Wir müssen etwas Intelligentes machen.“ Es solle aber unter allen Umständen eine Konkurrenzsituation zu bestehenden Kinderhilfeeinrichtungen vermieden werden. Derzeit bemühe sich die Stiftung um ein Netzwerk in der baden-württembergisch-bayerischen Grenzregion, um „Doppelmaßnahmen“ zu vermeiden. Zunächst werden bestehende Sozialprojekte gefördert. Dazu zählen der Arbeitskreis Ausländische Kinder e. V., die Aktion „Frühe Hilfen“ der Stadt Ulm, das Caritas-Projekt „Wenzelstein“ in Ehingen, das Familienzentrum Neu-Ulm sowie der Förderkreis für werdende Mütter in Bedrängnis, der auf die Beschaffung von Kinderwagen spezialisiert ist. Die Kinderstiftung gebe nicht nur Sachmittel, heißt es, sondern finanziere auch Personalstellen. Anträge können sowohl Vereine und Initiativen als auch Einzelpersonen stellen.

Jeder Cent soll den Kindern zugute kommen

Allzu üppig sind die zur Verfügung stehenden Mittel allerdings nicht, um dem selber gesteckten Ziel, die Kinderarmut zu bekämpfen, gerecht zu werden. Die meisten gemeinnützigen Stiftungen leiden unter dem europaweit herrschenden geringen Zinsniveau. Rund 60 000 Euro stehen nach Auskunft der Ulmer jährlich zur Verfügung. Das entspricht bei 4,11 Millionen Euro konservativ angelegten Vermögens immerhin einem Zinssatz von rund 1,5 Prozent. Möglich ist dieser Ertrag, sagt der Steuerberater Waiblinger, weil die Ulmer Kinderstiftung vom Finanzamt Stuttgart als gemeinnützige kirchliche Einrichtung klassifiziert wurde. Damit müssen keine Abgeltungsteuern auf Vermögenserträge abgeführt werden.

Man hoffe auf weitere Zuspenden, um den Finanzspielraum zu erhöhen, sagt Waiblinger. Ihm schwebt vor, dass schon 2016 der Spendenzufluss das jetzt ausgeschüttete Kapital übersteigt. Um das dafür nötige Fundraising soll sich die in Teilzeit angestellte Stiftungsreferentin Annabelle Graulle kümmern. Das Versprechen: weil sämtliche Verwaltungskosten durchfinanziert sind, kommt jeder zugestiftete Cent ungeschmälert Kindern zugute.

Mit Ulm führt die Caritas Württemberg bereits ihre fünfte Kinderstiftung. Weitere befinden sich in Esslingen, Friedrichshafen, Ravensburg und Biberach. Die Ulmer Treuhandstiftung sei aufgrund der hohen Spendensumme die am besten ausgestattete, heißt es; sie könne von den Erfahrungen in anderen Städten profitieren. Beispielsweise glauben die Ulmer Stiftungsverwalter nicht, dass es jetzt zu einer Antragsflut von Privatpersonen komme, deren Ansprüche kaum zu kontrollieren wären.

Aus welcher Quelle das Geld kommt, das die anonymen Gönner nach Ulm getragen haben, wollte Steuerberater Waiblinger nicht verraten. Die Familie habe, als sie aus Deutschland auswanderte, „vieles verkauft“, verrät er lediglich. Und: „Wir haben selbstverständlich geschaut, wo das Geld herkommt und dass das in Ordnung ist.“