Atommüll würde er am liebsten ins Ausland schaffen – was rechtlich gar nicht geht. Auch beim Biomüll tut sich der Ulmer Landrat Heinz Seiffert schwer: Das seit 2015 geltende Gebot, Biomüll getrennt zu entsorgen, erfüllt sein Kreis nicht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart / Ulm - Die Presseschau war wenig erfreulich für Heinz Seiffert. Durchweg vernichtende Kommentare erntete der Ulmer CDU-Landrat und Chef der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) für seinen Vorschlag, den deutschen Atommüll doch im Ausland zu entsorgen. Verantwortungslos, Bärendienst, Sauerei – das Echo fiel deftig aus.

 

Auch in der Politik herrscht noch immer Kopfschütteln über Seiffert. Parteiübergreifend wurde sein Vorstoß zurückgewiesen, am schärfsten vom grünen Umweltminister Franz Untersteller („abwegig“). Selbst beim SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, der einst selbst mit einem Endlager in Russland geliebäugelt hatte, fand der CDU-Mann kein Verständnis mehr: dessen Gerede vom angeblichen Weltmarkt für strahlende Abfälle sei der „größtmögliche Blödsinn“.

Atommüll-Export ist schlicht verboten

Auch die Landtags-CDU nahm auf den Parteifreund nicht länger Rücksicht: Die Fraktion „war und ist der Meinung, dass ein Endlager innerhalb Deutschlands gefunden werden muss“, bekräftigte der Energieexperte Paul Nemeth. „Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Atommüll ist das Wichtigste.“

Noch größer ist allenthalben die Verwunderung, weil sich Seiffert in dem dpa-Interview offenkundig nicht unüberlegt, sondern wohlbedacht geäußert hat – und weil der Export gegen deutsches Recht verstoßen würde. Im Atomgesetz sei klar geregelt, dass radioaktive Abfälle innerhalb Deutschlands entsorgt werden müssten, bestätigt das Umweltministerium. Besonders negativ wurde dort vermerkt, dass der CDU-Politiker die gerade begonnene Arbeit der mühsam zustande gekommenen bundesweiten Suchkommission torpediere.

Widerstand gegen die Biotonne

Der Atommüll ist übrigens nicht die einzige Abfallart, bei der sich der Landrat mit den rechtlichen Vorgaben schwertut. Auch beim Biomüll hält er sich – bisher jedenfalls – nicht ans geltende Gesetz. Das bereits 2012 novellierte Kreislaufwirtschaftsgesetz sieht vor, dass organische Abfälle seit Anfang 2015 flächendeckend vom Restmüll getrennt und gesammelt werden müssen. Zeit zur Umsetzung war also genug, doch rund ein Dutzend Landkreise in Baden-Württemberg sind immer noch nicht so weit – darunter Seifferts Alb-Donau-Kreis und drei weitere Mitglieder des von ihm geführten EnBW-Großaktionärs OEW: die Kreise Biberach, Ravensburg und Sigmaringen.

Vier der saumseligen Kreise haben nach Angaben des Landkreistages bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. Nebst Ravensburg zählten dazu Göppingen, Lörrach und Hohenlohe. In sechsen gebe es noch keine solchen Beschlüsse, neben Alb-Donau, Biberach und Sigmaringen seien das Karlsruhe-Land, Neckar-Odenwald und Waldshut. Emmendingen und die Ortenau dürften wegen einer Sondersituation wohl auf die Biotonne verzichten. Generell werden Ausnahmen freilich streng gehandhabt: die Kreise müssen entweder nachweisen, dass sie Biomüll auf andere Weise mindestens ebenso effektiv verwerten oder dass die getrennte Erfassung „wirtschaftlich unzumutbar“ sei; Letzteres gilt als die weniger aussichtsreiche Variante.

Umweltminister pocht aufs Gesetz

Just darauf bezieht sich der Alb-Donau-Kreis des Müll-Rebellen Seiffert. Angesichts der relativ geringen Mengen an Biomüll würde eine getrennte Abfuhr die Gebühren für die Haushalte um fast ein Drittel in die Höhe treiben, sagt ein Sprecher des Landratsamtes. Daher habe der Umweltausschuss des Kreistags 2013 beschlossen, die Biotonne nicht flächendeckend einzuführen; den Gemeinden stehe dies frei. Erst zwei machen Gebrauch davon, die Verantwortung bleibt beim Landkreis. Dort will man erst das Endergebnis einer Studie zu mehreren ländlichen Landkreisen im Südwesten abwarten, in denen die Bürger erfahrungsgemäß besonders eifrig kompostieren. Im Alb-Donau-Kreis liege das Restmüllaufkommen deshalb mit 98 Kilo je Bürger und Jahr deutlich unter dem Landesdurchschnitt (123 Kilo), betont der Sprecher. Eine Studie habe zudem bestätigt, dass der Hausmüll nur noch geringe Mengen an Bioabfall enthalte.

Das Umweltministerium in Stuttgart pocht freilich – in Ulm und anderswo – auf die Einhaltung der neuen Gesetzesvorgaben. Wenn sich da nichts bewege, müsse die Kommunalaufsicht tätig werden. Das Regierungspräsidium Tübingen, so ein Sprecher, werde dann vom Alb-Donau-Kreis die entsprechenden Nachweise verlangen. Intern wird in Stuttgart bereits über Seiffert gewitzelt: Er werde hoffentlich nicht auf die Idee kommen, auch seinen Biomüll auf dem „Weltmarkt“ loszuwerden.