Der Polittalk „2+ Leif“ soll im SWR-Fernsehen trotz vieler Fürsprecher wegfallen. Nächsten Montag kommt die seit 2009 produzierte Sendung zum letzten Mal. Die erst vor wenigen Monaten auf Senderkosten erneuerte Studiodekoration wird dann wertlos.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Das Aus für „2 + Leif“ naht unerbittlich. An diesem Montag sollte die politische Talkshow im SWR-Fernsehen zum vorletzten Mal laufen. Als Gäste angekündigt waren der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl und die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt. Mit dem SWR-Chefreporter Thomas Leif sollten sie über die große Koalition diskutieren, im Titel provozierend „Operation Stillstand“ genannt. Nächsten Montag kommt die seit 2009 produzierte Sendung dann zum letzten Mal, Thema und Gäste sind noch offen. Die Verträge mit der Produktionsfirma sind bereits gekündigt, deren Mitarbeiter entlassen. Die erst vor wenigen Monaten auf Senderkosten erneuerte Studiodekoration wird dann wertlos.

 

Zuvor beschäftigt „2 + Leif“ freilich noch einmal den Rundfunkrat. An diesem Freitag diskutiert das Gremium erneut über den groß angelegten Umbau des SWR-Fernsehens, dem der Polittalk zum Opfer fällt. Bei der ersten Aussprache Ende September hatte es unerwartet breiten Widerstand gegen diese Absicht der Anstaltsspitze gegeben (die StZ berichtete). Parteiübergreifend lobten vor allem Politiker das „diskursive Format“ und setzten sich dafür ein, es in dieser oder einer anderen Form zu erhalten. Die SWR-Hierarchen – vorneweg Intendant Peter Boudgoust und der Fernsehdirektor Christoph Hauser – wirkten sichtlich beeindruckt: Dass sich die Räte derart intensiv mit dem Programm beschäftigen und sogar ihr formales Plazet verweigerten, waren sie nicht gewohnt. Man werde die Bedenken aufnehmen, hieß es.

Die SWR-Spitze bleibt im Kern hart

Am Freitag wollen die Aufseher wissen, was daraus geworden ist. Nach StZ-Informationen nicht allzu viel: die Senderspitze will zwar den Eindruck eines gewissen Entgegenkommens vermitteln, bleibt im Kern aber hart. Besiegelt schien das Aus für „2 + Leif“ schon in einer frühen Phase, als die Gremien noch beruhigt wurden, ohne ihre Zustimmung werde nichts gestrichen. Hintergrund sind die Pläne, die finanziellen und personellen Ressourcen stärker auf die zuschauerstarken Zeiten zu konzentrieren; der um 23 Uhr ausgestrahlte Polittalk geriet da wegen zu hoher Kosten und zu niedriger Quoten ins Visier. Zudem wollte man dem Beispiel der ARD folgen, die die Talkdichte im Ersten reduziert. Von den drei SWR-Talkshows sollten daher nur die beiden meist unpolitischen, aber nach Quote erfolgreicheren übrig bleiben: das „Nachtcafé“ mit Wieland Backes und „Menschen der Woche“ mit Frank Elstner.

Die Senderführung ahnte offenbar, dass das Ärger geben würde. In einem internen Argumentationspapier („Kritische Fragen“), das an ausgewählte Gremienmitglieder ging und in der Pressestelle angeblich nicht bekannt ist, baute sie schon vor Monaten für Kritik vor. „Jetzt wird die einzige Polit-Talkshow des SWR-Fernsehens abgesetzt! Wo bleibt die politische Information?“, hieß es darin. Die Antwort: man plane eine neue, politisch-investigative Sendung mit Thomas Leif, die jeweils am Mittwoch zur „Primetime“ laufen solle; Genaueres werde noch erarbeitet. Ein Argument wirkte indes etwas merkwürdig: Die konkurrierenden Talkshows im Ersten, speziell „Menschen bei Maischberger“, führten bei „2 + Leif“ regelmäßig zu schwachen Quoten. Maischberger plaudert freilich dienstags – und Leif montags.

„Pro & Contra“ selig ist das Vorbild

Nun soll es noch einen weiteren Tribut an die Gremien geben: Man plane ein Format, in dem „die großen, länderübergreifenden Themen des Gesamtsendegebiets aus Politik und Gesellschaft diskursiv verhandelt werden“, sagte ein SWR-Sprecher der StZ. „Anlassbezogen“ wolle man sich sechs bis zehn Mal im Jahr 60 oder 90 Minuten lang mit Themen beschäftigen, die „für den gesamten Südwesten interessant und relevant“ seien.

Orientieren soll sich das Zukunftskonzept an einem Klassiker aus der Vergangenheit: „Pro & Contra“, dem von dem früheren SDR-Chefredakteur Emil Obermann moderierten Streitgespräch in der ARD; es startete 1968 und lief viele Jahre. Die Köpfe vor der Kamera würden „themen- und kompetenzabhängig eingesetzt“, sagt der Sendersprecher; eine Beteiligung Thomas Leifs sei mithin „nicht ausgeschlossen, aber auch nicht regelmäßig eingeplant“.

Nun wird im Sender überlegt, welche Themen für „Das Top-Thema“ (so lautet der interne Arbeitstitel) übrig bleiben könnten. Das aktuelle landespolitische Geschehen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werde schließlich bereits in den beiden „Zur Sache“-Magazinen aufgearbeitet. Schon kursiert die Sorge, das gleichsam wiederbelebte „Pro & Contra“ sei womöglich „eine Totgeburt“.

Zunächst aber warten Führung und Mitarbeiter gespannt, was der Rundfunkrat zu den Plänen sagt.