Am Wilhelmspalais, das zum Stadtmuseum werden soll, fehlen an prominenter Stelle einige Lettern. Im Rathaus denkt man noch über deren weitere Verwendung nach.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Wenn die Hüllen fallen, bleiben zuweilen Überraschungen nicht aus. So auch am Wilhelmspalais, bis 2011 Heimstatt der Stuttgarter Stadtbücherei. Den Zweck des klassizistischen Baus verkündeten gut sichtbar 13 Lettern über dem Portal: STADTBÜCHEREI.

 

Die städtische Bibliothek zog es alsbald ins Europaviertel und das Wilhelmspalais sich während der Umbauphase hinter ein blickdichtes Gewand zurück. Am Charlottenplatz entsteht das Stadtmuseum. Nun biegen die Arbeiten dafür auf die Zielgerade und für Verschleierung gibt’s keinen Grund mehr. Allerdings sind acht Buchstaben abhanden gekommen. Vom Gebäude herab wird dem Passanten und Autofahrer unmissverständlich klar gemacht, wo er sich befindet. In der STADT. Das ist hilfreich an der Kreuzung, an der die Einfallstraße reichlich Tübinger, Reutlinger und weitere Doppel- bis Dreifachkennzeichenfahrer ins ungewohnte Terrain entlässt. Die Lesart im Rathaus ist freilich eine ganz andere: „Das Wilhelmspalais steht eben für die STADT – heute und vor allem auch ab Herbst 2017“, heißt es aus der Verwaltung. Zu diesem Zeitpunkt soll das Stadtmuseum seinen Betrieb aufnehmen. Dass der Schau zur Stadthistorie eben erst die Planungschefin abhanden gekommen ist, soll den Terminplan nicht ins Wanken bringen. Entschieden wird dementiert, dass die scheidende Anja Dauschek sich die BÜCHEREI als Andenken an ihre Tätigkeit in Stuttgart hat einpacken lassen.

Die Grünen haben sich schon früh Sorgen um den Schriftzug gemacht

Die Grünen haben schon 2012 den Buchstabensalat kommen sehen und von der Verwaltung ein energisches Einschreiten gefordert. Der Drei-Punkte-Plan der Öko-Fraktion am Ratstisch sah damals vor, die Lettern „für eine Wiederverwendung“ zu sichern, ein „Konzept zur Integration in oder um die neue Stadtbibliothek“ den Stadträten vorzulegen und zur Ausgestaltung des nämlichen Konzepts „eine örtliche Kunstschule oder Akademie zur Ideengenerierung“ beizuziehen. Das in Stellung gebrachte Hochbauamt ermittelte allerdings Kosten von 10 000 Euro für dererlei, warum der damalige OB Wolfgang Schuster reserviert reagierte. Immerhin erkannte der Rathaus-Chef, dass den Lettern kaum Gefahr drohe. Die Buchstaben würden „aufgrund ihrer exponierten Lage sicher nicht beschädigt“. Dazu hätte man der Alt-Bibliothek schon aufs betagte Dach steigen müssen.

Dass sie jetzt doch fehlen, ist jedenfalls kein Akt des Vandalismus. „Die BÜCHEREI geht nicht verloren. Sie kommt dahin, wo Buchstaben eben hingehören: In die Stadtbibliothek“, versichert man im Rathaus auf Nachfrage. Wo und wie die BÜCHEREI in der Bücherei zu sehen ist, sei noch zu klären.