Der Wunsch nach einem Umbau der Kaufhaus-Rückseite des Breuningers wird heftig diskutiert – wohl auch weiterhin. Der Stadtplaner erkennt nur Vorteile, doch andere Stimmen sprechen von einer Bausünde.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Ein guter Teil der Kritik am Wunsch des Unternehmens Breuninger ist grundsätzlicher Art. Das Kaufhaus will sein Geschäft ausbauen – und zwar auf öffentlichem Grund, auf dem Gehweg. Allein in der Absicht wittert mancher Kritiker die Kapitulation der städtischen Planer vor dem Kapitalismus. Daran hat auch nichts geändert, dass Breuninger erklärte, die Baukosten würden sich niemals mit dem Verkauf erwirtschaften lassen. Das Geschäft sei ein Verlust, es gehe ausschließlich um eine Verschönerung.

 

Es gab so viele unterschiedliche Meinungen wie Architekten

An der wiederum zweifeln vielstimmige Kritiker. Detlev Kron, der Leiter des Stadtplanungsamts, formuliert es so: Bei der Beratung im Städtebauausschuss „gab es so viele Meinungen wie Architekten“. In dem Gremium diskutieren neben Stadträten auch sogenannte sachkundige Einwohner mit – eben vorwiegend Architekten.

Faktisch geht es um ein knapp 100 Meter langes Stück Fußgängerzone namens Sporerstraße. Sie ist die Passage an der Rückseite des Kaufhauses zwischen Markthalle und Charlottenplatz. Dass Verschönerung hier Not tut, zieht niemand in Zweifel. Die aktuelle Ansicht nennt der städtische Planer Wolf Gläser durchaus treffend „60er-Jahre-Brutalismus“. Den möchte das Unternehmen nicht beseitigen, sondern gleichsam nur verblenden: mit ein- bis zweigeschossigen Läden im Sinne von Boutiquen und Gastronomie, auch im Freien.

Der Stadtplaner erkennt nur Positives an diesem Vorhaben

Aus Sicht des Stadtplaners hat das Vorhaben nichts als Vorteile: Jener architektonische Brutalismus der Fassade würde aufgebrochen. Lieferanten würden mit ihren Schwerlastern nicht länger die Optik wie die Fußgängerströme stören. „Das war immer ein großes Ärgernis“, sagt Gläser. Die kleinen Läden würden von Kleintransportern beliefert, die Zufahrt für den Schwerlastverkehr verlegt. Die Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer würde verbessert. Die aus des Planers Sicht zu zu breite, daher unfreundliche Passage würde gegliedert.

Für eine mögliche Zukunft mit am Charlottenplatz überdeckelter Bundesstraße würde die begradigte Passage den lang erwünschten Direktzugang ins Bohnenviertel ermöglichen. Selbst aus des Ökologen Sicht birgt die Absicht Gewinnendes: Zwei Bäume müssten gefällt werden. Fünf neue hingegen würde Breuninger in nächster Nähe neu pflanzen. Sämtliche Flachdächer sollen begrünt sein.

Dass Gläser die Pläne lobt, ist auch aus Sicht architektonischer Laien leicht verständlich. Einen sehr ähnlichen Vorschlag hatte das Stadtplanungsamt selbst erarbeitet, nur ward er vergessen. „Die Sporerstraße zu verengen, war immer die Absicht der Stadtplanung“, sagt Gläser.

Getüftelt wird daran seit Jahren, dies durchaus mit Sorgfalt. Für eine Stelle, an der selbst Unkraut nur mühsam gedeiht und das einzige wahrnehmbare Tier die Stadttaube ist, ist sogar per Gutachten geklärt worden, dass keine gefährdeten Arten die Sporerstraße besiedeln. Allein die Stellungnahme des Umweltamtes umfasst beinahe sechs Seiten.

Manche Stimmen sprechen gar von einer Bausünde

Was weitere Diskussionen keineswegs verhindert, beispielsweise im Bezirksbeirat Mitte, obwohl der dem Vorhaben im Grundsatz bereits vor recht genau einem Jahr zugestimmt hatte – wie alle anderen beteiligten Gremien auch. „Ich halte das für eine Bausünde“, sagt dennoch Ralph Schelle für die Gemeinschaft von SÖS Linke plus. „Ich habe Sympathie für den Vorschlag des Verschönerungsvereins“, erklärt Martin Ruoff für die Grünen.

Der Verein hat sich bereits im Oktober 2014 mit einem Brief zu Wort gemeldet, als die Stadt Meinungen zu den Plänen sammelte. Das Vorhaben sei grundsätzlich ein hehres, ist darin zu lesen, aber dass das Ziel mit den aktuellen Plänen zu erreichen ist, „daran haben wir große Zweifel“. So schrieb es der Vereinsvorsitzende Erhard Bruckmann, formulierte zudem, „dass es nicht allein darum gehen darf, mit konventioneller Architektur möglichst viel zusätzliche Verkaufsfläche zu schaffen“. Zum Schluss fordert er, dass mehrere Architekturbüros im Sinne eines Wettbewerbs Alternativen erarbeiten.

Was nicht ausgeschlossen scheint, denn „wie die veränderte Passage im Detail aussieht, ist noch nicht klar“, sagt Gläser. Der Bezirksbeirat stimmte erneut zu. Das amtliche Verfahren geht weiter.