Die Uni Konstanz hat Erfahrungen und Einstellungen von drei Generationen von Einwanderern untersucht. Auch wenn bei der Integration Erfolge erzielt werden, sieht sich vor allem die größte Gruppe der Migranten, die Türken, vielfach benachteiligt.

Stuttgart - Auch in der dritten Generation sehen viele Nachfahren von Einwanderern ihre Bevölkerungsgruppe benachteiligt. Häufig ist der allgemeine Eindruck von Benachteiligung dabei stärker als persönliche Erfahrungen. Das hat eine Studie der Universität Konstanz ergeben zu der Frage „Integration gelungen?“ im Auftrag des baden-württembergischen Integrationsministeriums. Dennoch gehe es mit der Integration stetig voran. Zum ersten Mal in Deutschland wurde auch die dritte Einwandergeneration untersucht. Befragt wurden 2566 Migranten und ihre Nachkommen aus der Türkei, aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Ex-Jugoslawien, Italien und Polen. Dies sind die größten Einwandergruppen im Land. Dazu kamen 500 Befragte ohne Migrationshintergrund.

 

Zur Freude von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat in allen fünf Migrantengruppen die deutsche Sprache einen hohen Stellenwert. Eltern mit ausländischen Wurzeln sei es ausnahmslos wichtig, dass ihre Kinder Deutsch lernen, erklärten die Professoren Claudia Diehl und Thomas Hinz. In der dritten Generation sind der Studie zufolge 30 bis 80 Prozent der Befragten zweisprachig. Vor allem Türken schätzen dabei auch ihre Herkunftssprache hoch. Dort sind 80 Prozent zweisprachig, bei Enkeln von Auswanderern aus dem ehemaligen Jugoslawien nur 18 Prozent. Mit Freunden sprechen die Angehörigen der dritten Generation überwiegend Deutsch.

Vereine als wichtiger Faktor im Integrationsprozess

Wie die Studie zeigt, spielen Vereine bei der Integration eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wer im deutschen Verein ist und deutsche Freunde hat, fühlt sich demnach stärker zu Deutschland zugehörig und hat weniger das Gefühl von Diskriminierung. Die Zugehörigkeit zu deutschen Vereinen steigt in der dritten Generation deutlich, bei Türken auf 18 Prozent, bei Italienern auf 29. Das politische Engagement der Einwanderer ist wenig ausgeprägt. Jedoch brächten sich 14 und 20 Prozent ein, wenn sie persönlich angesprochen würden. Auch die Werte wären vereinbar, das finden allerdings mehr Einwanderer als Deutsche.

In den Augen der Forscher verläuft auch die Integration von Türken „lehrbuchmäßig“. Betrachten noch 47 Prozent der ersten Einwandergeneration Deutschland als ein einladendes Land, so sind es in der dritten Generation schon 80 Prozent. Auch das Zugehörigkeitsgefühl nehme im Generationenverlauf zu. Bei den Russlanddeutschen fühlen sich der Studie zufolge sogar 70 Prozent eher Deutschland zugehörig als der ehemaligen Sowjetunion. In der türkischen Gruppe sind es immerhin rund 30 Prozent in der zweiten und dritten Generation. Jedoch haben immer noch 34 Prozent der Türken der dritten Einwanderergeneration keinen deutschen Pass. Auch wenn der Integrationsprozess in Baden-Württemberg in den vergangenen 30 Jahren gut vorangekommen sei, so gebe es doch keineswegs einen Automatismus, warnte der Soziologe Thomas Hinz.

Darauf wolle sich die Politik auch nicht verlassen, betonte die Integrationsministerin. Mithilfe der Studie werde man die Integrationspolitik überprüfen. Schon jetzt würden Sprachförderprogramme ausgebaut, Migrantenvereine durch Qualifizierungsprogramme gestärkt. Öney verwies auch auf die Initiative zu anonymisierten Bewerbungsverfahren, die Diskriminierung bei der Arbeitssuche verringern soll.