Die Masernwelle in Berlin hat in Deutschland eine Diskussion um die Impfpflicht entfacht. Nun zeigen zwei Umfragen: Die große Mehrheit der Bundesbürger befürwortet eine solche Maßnahme.

Berlin - Rund drei Viertel der Deutschen befürworten Umfragen zufolge eine Impfpflicht für schwere Krankheiten wie Masern. Das zeigen zwei Anfang dieser Woche erhobene repräsentative Umfragen unter jeweils rund 1000 Bundesbürgern. Beide wurden am Donnerstag veröffentlicht. Nach Daten des Meinungsforschungsinstituts YouGov sagten 40 Prozent der Befragten, sie seien „sehr für eine Impflicht“ für solche Krankheiten, 34 Prozent waren „eher für eine Impflicht“. Nur 21 Prozent waren „eher oder sehr gegen eine Impfpflicht“. 5 Prozent zeigten sich unentschlossen. Besonders viele Befürworter hatte die Impfpflicht in der Altersgruppe ab 55 Jahre.

 

In einer Emnid-Meinungsumfrage für das Nachrichtenmagazin „Focus“ begrüßten 76 Prozent die Forderung nach einer gesetzlichen Impfpflicht für Masern, 17 Prozent waren dagegen. Im Osten Deutschlands sind demnach sogar 90 Prozent für diese Maßnahme. In der DDR gab es eine Impfpflicht für mehrere Krankheiten.

In einigen europäischen Ländern besteht derzeit eine Impfpflicht gegen Masern - unter anderem in Bulgarien, Estland, Kroatien, Serbien und Ungarn. In Deutschland wird darüber debattiert: Grüne und Linke haben sich im Bundestag dagegen ausgesprochen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält eine solche Maßnahme zwar für „rechtlich nicht ausgeschlossen“, sieht aber eine Impflicht nur als letztes mögliches Mittel. Ähnlich hatte sich zuvor Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geäußert.

Auch in Frankreich und Rumänien gibt es neue Debatten um eine Impfpflicht. In Österreich wird eine Impfpflicht weitgehend abgelehnt, auch von der dortigen Ärztekammer und dem Gesundheitsministerium. Der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat jedoch eindeutig dafür plädiert.

In Berlin stieg die Zahl der gemeldeten Masernerkrankungen weiter stark an: Allein von Mittwoch bis Donnerstag wurden 28 neue Fälle registriert, wie das Landesamt für Gesundheit und Soziales mitteilte. Seit Wochenbeginn sind es fast 70 neue Erkrankungen. Seit Beginn des Ausbruchs im vergangenen Oktober stieg die Zahl damit auf 637. Unter den Erkrankten waren auch viele Erwachsene ohne Impfschutz. Bei rund einem Viertel der Patienten verlief die Infektion bisher so schwer, dass sie ins Krankenhaus kamen. Ein Kleinkind war vergangene Woche an Masern gestorben. Es war nicht gegen die Infektion geimpft.

81 Prozent der von YouGov Befragten glauben, dass Impfungen im Allgemeinen wirken. 10 Prozent glauben das nicht, 9 Prozent sind sich unsicher. YouGov hatte die Menschen vom 23. bis 25. Februar befragt, Emnid am 23. und 24. Februar.

Die erste YouGov-Frage lautete: „In der vergangenen Woche wurde aus Regierungskreisen die Überlegung laut, eine Impfpflicht gegen bestimmte schwere Krankheiten (z.B. Masern), die seit kurzem wieder häufiger auftreten, einzuführen. Die Opposition lehnt dies mit Verweis auf die Selbstbestimmung ab. Was ist Ihre Meinung?“