Der Verein „Weihnachten nicht allein zu Hause“ bietet für eine Spendenaktion einen „Bioscan“ an – laut einem Facharzt kann dieses Gerät aber Gefahren bergen.

Murrhardt - An Heiligabend ein warmes Essen, etwas Besinnlichkeit für Menschen, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat – das ist das Ziel des Vereins „Weihnachten nicht allein zu Hause“ aus Murrhardt. Damit das möglich ist, rührt der Verein das ganze Jahr über die Spendentrommel. Zu diesem Zweck soll es am 20. Januar eine ungewöhnliche Aktion geben: Spendenwillige können in Murrhardt (Rems-Murr-Kreis) einen „Bioscan“ durchführen lassen. Ein halbstündiger Gesundheitscheck zum Preis von 30 Euro, bei dem man gleichzeitig etwas für einen guten Zweck tut – klingt gut, doch der Bioscan entpuppt sich als fragwürdig.

 

Sogar Befunde zur Sexualfunktion sind angeblich möglich

Der Anbieter der Bioscan-Geräte wirbt im Internet vollmundig: „Besser Ursachen lösen statt Symptome zu bekämpfen.“ Mit dem Vital-Check seien Erkenntnisse über 200 Parameter wie „Mineralstoffe, Vitamine, Übersäuerung, Freie Radikale, Darmbelastung und Schwermetallbelastung“ möglich. Sogar Werte zur Knochendichte oder der männlichen Sexualfunktion könne das Gerät zeigen. Das alles in Sekundenschnelle, nur durch eine „bioenergetische Spektralanalyse“.

Ein Sensor, den der Patient in der Hand hält, soll den Zustand von Zellen des gesamten Körpers untersuchen. Doch sogar der Hersteller räumt ganz unten auf seiner Webseite ein: „Die Analyse mit dem Bioscan SWA ersetzt keine schulmedizinisch anerkannten Diagnosemethoden.“ Wie die Geräte eingesetzt würden, müsse ein Therapeut individuell entscheiden.

Facharzt: „Die Geräte sind zum Geldverdienen“

Ein renommierter Facharzt für Innere Medizin aus der Region, der namentlich lieber nicht genannt werden möchte, warnt allerdings vor dem Gerät. „Wenn sich Patienten mit einer unerkannten schweren Erkrankung auf die Diagnose mit diesem Bioscan verlassen, kann es für sie sogar gefährlich werden“, so der Mediziner.

Zwar könne auch in der Schulmedizin zum Beispiel der Körperfettanteil eines Patienten durch elektrische Impulse gemessen werden. Doch die Vorstellung, dass sich ein menschlicher Körper über einen Sensor in der Hand bis in alle Organe hinein abscannen lasse, wie von Bioscan beworben, sei abwegig: „Das ist Science Fiction, es erinnert mich ein wenig an Raumschiff Enterprise.“ Bei den Geräten habe er das Gefühl: „Die sind ganz einfach zum Geldverdienen da.“

Das sagt der Verein zu der Kritik

Doch wie ist es zur Zusammenarbeit des Vereins „Weihnachten nicht allein zu Hause“ mit dem Anbieter der ominösen Technik gekommen? „Dass der Bioscan umstritten ist, war uns klar – aber was ist denn nicht umstritten“, erklärt Stefan Nägele, der Vorsitzende des Vereins. Der Test – so sei ihm erklärt worden – liefere eben „ungefähre Werte“. Doch welche Daten der Test genau liefert, ist unklar: In den Befunden tauchen zwar Zahlen auf, jedoch keine Maßeinheiten.

Vorsitzender: Die Bioscan-Firma verdient nichts an der Aktion

Schon vor Weihnachten habe es zwei der Bioscan-Aktionen gegeben. Die Anbieterin des Scans sei eine Bekannte von ihm, sagt Nägele. „Sie hat angeboten, das zu Gunsten unseres Vereins zu machen. Für uns ist das eine tolle Verbindung“, meint Nägele. „Der Scan würde normalerweise rund 200 Euro kosten. Das ist doch eine gute Sache. Und ich muss auch zuschauen, wie ich meine Spenden zusammenbekomme.“

Er selbst habe die Untersuchung schon machen lassen. Der Hersteller des Bioscan-Geräts und die Anbieterin der Untersuchung verdienen laut Nägele nichts an der Sache. „Die 30 Euro, die der Scan bei der Aktion kostet, gehen zu hundert Prozent an unseren Verein“, so Nägele – die Teilnehmer könnten die Aktion also einfach als Spende betrachen. Den vollen Preis, räumt er ein, würde er für die Prozedur aber wohl selbst nicht bezahlen.

Ungewöhnliche Allianz

Verein:
„Weihnachten nicht allein zu Hause“ existiert als Verein seit dem Jahr 2015, die Feiern für Bedürftige und Einsame gibt es aber schon seit 2011. Weitere Infos zum Verein und seinen Aktionen gibt es im Internet unter der Adresse www.weihnachtsfescht.de.

Hersteller: Bei dem „Bioscan SWA“ handelt es sich um ein Diagnosegerät des Herstellers Institut Dr. Rilling. Die Firma sitzt laut Impressum ihrer Webseite in den USA und fällt auch durch andere Produkte auf: Etwa den „Vivobase“, der vor Elektrosmog schützen oder einen „Biotonometer“, der in Sekundenschnelle den Zustand des vegetativen Nervensystems messen soll. Von einem anderen Gerät mit Elektroden und „galvanischem Feinstrom“ verspricht der Hersteller „pures Wellnessvergnügen“.