Kreisverkehr oder Unterführung oder gar nichts an der Hirschkreuzung? Gleich zwei Bürgerinitiativen kämpfen in Eislingen für die Fußgänger – aber gegeneinander.

Eislingen - Die Pläne für einen Kreisverkehr auf der Hirschkreuzung in Eislingen polarisieren die Stadt. Nachdem sich im vergangenen Jahr eine Bürgerinitiative dagegen gegründet hat, formiert sich nun eine Bürgerinitiative gegen die Bürgerinitiative. Sie nennt sich Lebendiges Eislingen-Süd. Jetzt! Mit federführend ist der SPD-Stadtrat Peter Ritz. Er und seine Mitstreiter baten am Freitagabend und am Samstagvormittag zu einem Rollatorparcours an besagter Kreuzung, um vorzuführen, wie umständlich und mitunter sogar gefährlich es momentan für Fußgänger und Radler und erst recht für Rollstuhlfahrer und Fußgänger mit Rollator ist, von Eislingen-Süd nach Eislingen-Nord oder umgekehrt zu gelangen.

 

Ritz hofft, viele Bürger überzeugen zu können, denn die Gegenseite hat Rückenwind. Sie hat es gar geschafft, dass am 13. März in Eislingen die Bürger nicht nur den neuen Landtag wählen, sondern per Bürgerentscheid auch darüber befinden, ob der Umbau der Kreuzung vertagt werden soll. Dies aber blockiere die Entwicklung des Stadtteils Süd, befürchtet Ritz, der keine Alternative zu dem vom Gemeinderat beschlossenen Straßenbauprojekt sieht. Der Kreisverkehr ermögliche es Fußgängern, die Kreuzung an jeder Stelle ebenerdig zu überqueren. Ein umlaufender Radweg biete Radfahrern größtmögliche Sicherheit. Auch vom Ansinnen der Kreiselgegner, die Unterführung unter der Hirschkreuzung zu erhalten, halten Ritz und seine Mitstreiter nichts. Die Unterführung verschandle nicht nur das Stadtbild. Sie blockiere auch jede Menge Fläche und sei darüber hinaus für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollator oder Kinderwagen fast unpassierbar.

Widerworte, auch auf der Straße

Samstagvormittag, 10 Uhr: ein Rollator wartet vor dem Café Gromer auf Testpersonen, während Mitglieder der Initiative Lebendiges Eislingen-Süd. Jetzt! mit Passanten diskutieren. Viel haben sie an diesem Morgen nicht zu tun. „Gestern Abend war es deutlich mehr“, sagt Ritz. Unzufrieden ist er aber nicht. Er zeigt auf eine Liste mit Unterschriften von Unterstützern der Bürgerinitiative gegen die Bürgerinitiative. Doch dem SPD-Mann und seinen Mitstreitern schlägt nicht nur Sympathie entgegen. Eine ältere Frau weist ihn harsch ab. „Lassen Sie’s gut sein“, sagt sie und hastet weiter. Sie ist nicht die Einzige, die auf Abwehr schaltet. Dieses Thema, so viel steht fest, hat in der Stadt Gräben aufgerissen.

Inzwischen hat sich Christian Waldenmaier den Rollator geschnappt. Fast 20 Minuten braucht der 27-Jährige, um mit dem Rollator vom Café Gromer zum Hotel Hirsch, über die alte B 10 zur Kreissparkasse vis-à-vis und von dort zur AOK und über die Stuttgarter Straße wieder zum Ausgangspunkt zurückzugelangen. Verblüfft schaut er am Ende auf die Uhr. Vor allem die vielen Ampeln und die Umwege zu den Fußgängerüberwegen haben ihn Zeit gekostet. Die Hirschkreuzung ist an keiner Stelle direkt zu überqueren.

Der Rollstuhl fährt sich beinahe fest

Dafür kann man sie unterqueren. Auch dies kann zu einem Abenteuer werden. Ein Rollifahrer steckt rasch im marode gewordenen Pflaster fest. „Hätte ich nicht aufgepasst, wäre ich umgekippt“, sagt er. Deshalb wechselt er auf die Fahrradspur, die asphaltiert ist. Das hat Tücken. Die Unterführung ist unübersichtlich und verzweigt. Auf der Südseite geht es stramm bergan. Obwohl der Rollifahrer geübt ist, bereitet ihm die Steigung Mühe. „Jemand Älteres schafft das nicht“, konstatiert er. Schieben fällt an dieser Stelle ebenfalls schwer, obwohl der Mann nur 70 Kilo wiegt.

Doch nicht nur deshalb ist es für die Grünen-Stadträtin Ulrike Haas ein Rätsel, dass viele Eislinger die Unterführung erhalten wollen. Man müsse noch nicht einmal gehandicapt sein, um sich in den verzweigten Katakomben zu fürchten. „Für Frauen ist dies ein Angstraum, vor allem wenn es dunkel ist.“