In der Wilhelma ist wohl noch kein Tier und kein Mensch verhungert. Und wenn der Eindruck nicht täuscht, wird das auch künftig nicht passieren. Das Essen in den drei Lokalen ist durchaus akzeptabel.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart - An der Menschenaffenanlage der Wilhelma weist ein Schild die Besucher darauf hin, dass die „kommentierte Fütterung der Gorillas“ heute im Außengehege stattfindet. Da tritt der Unterschied zwischen Menschenaffe und Mensch zu Tage: Wir können uns aussuchen, wo wir in der Wilhelma unsere Mahlzeiten zu uns nehmen. Drinnen oder draußen. Ob wir unser Essen mitbringen oder uns auf die angestammte Gastronomie verlassen. Und fürs Kommentieren brauchen wir im Unterschied zu unseren nahen Verwandten keinen Beistand, wir geben selbst unseren Senf zum Essen.

 

Der Bollerwagen als natürlicher Feind

Seit bekannt wurde, dass die Wilhelma nach 55 Jahren den Vertrag mit der Gastrofirma Schuler gekündigt hat, wird viel diskutiert über die Qualität des Essens in dem zoologisch-botanischen Garten. Ein Grund, den drei Wilhelma-Lokalen von Schuler einen Besuch abzustatten. Dabei fällt schon beim Spaziergang über das Gelände auf, dass der natürliche Feind eines jeden Wilhelma-Gastronomen vier Räder hat. Die Rede ist von zusammenklappbaren Bollerwagen, in die nicht nur Kind und Kegel passen, sondern locker auch eine Kühlbox. Aber wer mag es Eltern auch verdenken, der Eintritt ist nicht ganz billig. Außerdem ist man nicht zum Schnabulieren, sondern zum Tiere-Gucken nach Bad Cannstatt gekommen. Meist ist die Kinderschar mit Apfelschnitzen und Karotten aus der Tupper-Dose zufriedenzustellen. Und zur Not gibt es irgendwann vom Kiosk ein Eis am Stiel.

Der Gast schaut zufrieden wie die Kamele

Es ist kurz nach elf. Die Sonne heizt ordentlich ein. Die Kamele unterhalb des Schaubauernhofs haben im Schatten eines Baumes Schutz gesucht und kauen zufrieden. Nebenan im Restaurant sitzen schon die ersten Besucher vor Salattellern und maulwurfshügelgroßen Tortelliniportionen. Dies scheint ein guter Zeitpunkt zu sein, um sich ein Gericht einzuverleiben, das angeblich jung und alt gleichermaßen schmeckt: Currywurst mit Pommes (6,90 Euro). Die Kartoffeln stammen laut Speisekarte aus dem Süddeutschen, was man ihnen aber nicht ansieht, da sie auf amerikanisches Durchschnittsformat getrimmt wurden. Immerhin kamen sie erst vor Kurzem aus der Fritteuse. Die Wurst ist tadellos, die „hausgemachte Currysoße“ hätte etwas kräftiger sein dürfen, aber das fällt wohl unter die Rubrik Geschmackssache. Insgesamt ein ordentliches Mahl. Der Gast schaut mindestens so zufrieden drein wie nebenan die Kamele.

Eigentlich ein traumhafter Frühstücksplatz

Nächste Station: Das Bistro Belvedere oberhalb des maurischen Gartens. Der doppelte Espresso (3,30 Euro) ist nicht nur kräftig, er gibt einem auch das gute Gefühl, mit jedem Schlückchen ein Orang-Utan-Projekt auf Sumatra zu unterstützen. Großartiger Blick über die Anlage. Dies könnte einer der schönsten Frühstücksplätze der Stadt sein, leider aber macht das Belvedere erst um halb elf auf.

Linsen gehen hier immer

Wer den Süden schmecken will, der muss bei jener Schuler-Lokalität Station machen, die an das Wilhelma-Theater grenzt. Der Gast setzt auf ein klassisches, leichtes Sommergericht: Linsen mit Spätzle und Saiten (8,90 Euro). Die Linsen kommen von der Alb, der junge Mann hinterm Tresen von auswärts. Beim Stichwort Sommergericht grinst er: „Ich weiß schon, ihr Schwaben könnt das immer essen.“ Offenbar ist er mit den hiesigen Essgewohnheiten vertraut: Ungefragt zeigt er, wo der Essig zum Nachwürzen steht. Solchermaßen veredelt sind die Linsen absolut in Ordnung. Sie haben Biss, und die Spätzle scheinen wirklich in Butter geschwenkt worden zu sein.

Überleben ohne Bollerwagen

Selbstverständlich kann unser kleiner kulinarischer Spaziergang durch die Wilhelma nicht den Anspruch erheben, repräsentativ zu sein. Aber er könnte einen Hinweis darauf geben, dass auch diejenigen nicht verhungern müssen, die ohne Bollerwagen anreisen.